Frauenförderung für Richterinnen: Nur bei qualifikatorischem Patt

Bei der Beförderung von Richtern und Richterinnen ist die Frauenförderung nachrangig. Im Konkurrentenstreit um einen Senatsvorsitz am OLG Frankfurt a.M. erklärt der VGH Kassel sie erst für relevant, wenn die Bewerber ansonsten gleichauf liegen.

Ein Richter und eine Richterin bewarben sich um eine Stelle als Vorsitzender Richter bzw. Vorsitzende Richterin am OLG Frankfurt a.M. Die Anlassbeurteilungen der beiden Kandidaten unterschieden sich kaum, und doch kam der männliche Bewerber zum Zug. Dagegen wehrte sich die Frau zunächst mit einem Widerspruch und begehrte vor dem VG Frankfurt a.M. erfolglos einstweiligen Rechtschutz. Sie machte vor allem die fehlende Zustimmung der Landesregierung, die Nichtberücksichtigung der Frauenförderung und Klüngelei im Ministerium geltend. Auch ihre Beschwerde vor dem VGH Kassel wurde nun abgewiesen.

Die Landesregierung muss nach Ansicht der Kasseler Richterinnen und Richter (Beschluss vom 01.04.2025 – 1 B 2267/24) der Auswahlentscheidung nicht zustimmen. Die entsprechende Regelung in § 11 Abs. 4 S. 1 HGlG (Hessisches Gleichstellungsgesetz) sei hier nicht einschlägig, denn für die Anstellung von Richterinnen und Richtern sind nach Art. 127 Abs. 3 HV allein der Justizminister und der Richterwahlausschuss zuständig. Diese Kompetenzverschiebung in der Landesverfassung schließe die Anwendung entgegenstehender einfachrechtlicher Normen aus.

Auch das Kriterium der Frauenförderung komme hier nicht zum Tragen, so der VGH. Insoweit stellten die Landesrichterinnen und -richter heraus, dass die Frauenförderung erst bei einem qualifikatorischen Patt relevant werde, also wenn die Bewerberinnen und Bewerber (fast) gleichwertig qualifiziert sind. Hier seien die beiden Kandidaten zwar auf der ersten Ebene gleich beurteilt worden, der Justizminister habe aber aufgrund von Merkmalen, die außerhalb der Grundanforderungen des Basisprofils lagen, den männlichen Bewerber ausgewählt. In diesen Merkmalen habe er einen kleinen, aber messbaren Vorsprung festgestellt.

Von der unterlegenen Richterin ebenfalls behauptete politischen Gründe für die Auswahl ihres Konkurrenten konnte der VGH nicht erkennen. Mit der von ihr herangezogenen umstrittenen Besetzung der Präsidentenstelle des OVG Münster sei der Sachverhalt am OLG Frankfurt a.M. nicht vergleichbar. So sei die Richterin nicht aufgefordert worden, ihre Bewerbung zugunsten ihres Mitbewerbers zurückzuziehen und es gebe auch keinerlei Anhaltspunkte für eine Besetzung des männlichen Richters aus parteipolitischen Gründen.

VGH Kassel, Beschluss vom 01.04.2025 - 1 B 2267/24

Redaktion beck-aktuell, rw, 30. April 2025.

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