Ursprünglich hatten sich ein BVerwG-Richter und zwei weitere Bewerber um die Stelle beworben. Nachdem der Grünen-Politiker Limbach in Nordrhein-Westfalen Justizminister geworden war, bewarb sich außerdem eine Beamtin aus dem NRW-Innenministerium um den Posten – und wurde letztlich vom Justizministerium für diesen vorgeschlagen. Limbach geriet in der Folge in die Kritik: Man warf ihm vor, das Auswahlverfahren zugunsten "seiner" Bewerberin beeinflusst zu haben.
Zwei Mitbewerber zogen vor Gericht, um die Besetzung per Eilverfahren zu stoppen – und bekamen in erster Instanz Recht. Dabei attestierte eines der beiden Gerichte, das VG Münster, Limbach ein manipulatives Vorgehen zugunsten der von ihm favorisierten Bewerberin. Doch das OVG Münster kassierte die Vorentscheidungen: Die Auswahlentscheidung verletze den aus dem Grundgesetz folgenden sogenannten Bewerbungsverfahrensanspruch der leer ausgegangenen Bewerber nicht. Insbesondere bestünden für die Annahme des VG Münster, der Justizminister habe das Auswahlverfahren manipulativ gestaltet, keine belastbaren Anhaltspunkte.
Weil der Beschluss des OVG unanfechtbar war, blieb den Unterlegenen nur der Gang nach Karlsruhe. Hierfür entschied sich der nicht berücksichtigte BVerwG-Richter – und erreichte, dass das Verfahren jetzt wieder beim OVG landet. Denn: Dieses habe mit seiner Eilentscheidung das Recht des Richters auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG verletzt, so die Karlsruher Richterinnen und Richter (Beschluss vom 07.08.2024 – 2 BvR 418/24).
Vortrag zu Vorfestlegung des Justizministeriums unzureichend geprüft
Der Mitbewerber hatte mit seiner Verfassungsbeschwerde vorgetragen, die Auswahlentscheidung Limbachs verletze ihn in seinem Recht auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern (Art. 33 Abs. 2 GG). Sie sei nicht nach einer Bestenauswahl getroffen worden, sondern politisch motiviert gewesen. Die Mitbewerberin sei aufgrund ihres Geschlechts ausgewählt worden. Bereits bevor eine dienstliche Beurteilung der Mitbewerberin vorgelegen habe, habe Limbach in einem persönlichen Gespräch von einem "Vorsprung" der Frau gesprochen und ihm nahegelegt, seine Bewerbung zurückzuziehen, so der BVerwG-Richter. Obwohl er diese Vorgänge eidesstattlich versichert habe, habe das OVG diese Umstände des Auswahlverfahrens nicht aufgeklärt.
Auf Art. 33 Abs. 2 GG hebt auch das BVerfG ab: Dieser gewähre jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Daher müsse das Auswahlverfahren den fachlich besten Bewerber ermitteln und nicht sachlich begründete Vorfestlegungen vermeiden. Moniere eine Partei im gerichtlichen Verfahren zur Überprüfung einer Auswahlentscheidung eine Vorfestlegung anhand sachwidriger Kriterien, müssten die Gerichte diese aufklären und nachvollziehbar würdigen, um Art. 19 Abs. 4 GG gerecht zu werden.
Diesen Vorgaben sei das OVG Münster nicht gerecht geworden, rügt das BVerfG. Es habe "mit einer verfassungsrechtlich nicht tragfähigen Begründung" angenommen, es gebe keinen tauglichen Ansatzpunkt für die Annahme einer Voreingenommenheit des Ministers, sodass eine weitere Sachaufklärung unterbleiben könne. So habe das OVG lediglich darauf verwiesen, die behauptete Äußerung des Ministers könne ohne Weiteres auf einer zulässigen bloßen Voreinschätzung beruhen. Es habe aber vermieden, sich insoweit eine eigene Überzeugung von dem tatsächlich zugrunde liegenden Sachverhalt zu bilden und diesen erforderlichenfalls zunächst weiter aufzuklären. Damit hätten die Richterinnen und Richter das Recht des Mitbewerbers auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG verletzt.
OVG Münster wieder am Zug
Die Aufklärung des Sachverhalts und die Beweiswürdigung seien Aufgabe der Fachgerichte, nicht des BVerfG. Demnach müsse das OVG klären, ob tatsächlich eine unzulässige Vorfestlegung des Ministers gegeben war, so das BVerfG, das die Sache nach Münster zurückverwiesen hat. Für den Beschwerdeführer ist das nur ein Teilerfolg, denn er hatte mit seiner Beschwerde auch weitere Mängel des Auswahlverfahrens und die Begründung der Auswahl angegriffen. Insoweit nahm Karlsruhe die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an: Die Ausführungen seien zu unsubstantiiert, um einen Verfassungsverstoß annehmen zu können.