Zur Begründung verwies das Gericht auf eine seit längerem anhängige Klage eines Anwohners gegen das Vorgehen des Berliner Bezirkes Mitte, über die noch nicht entschieden sei. Die habe aufschiebende Wirkung - bis zum Abschluss des Klageverfahrens könne die Straße also keinen neuen Namen bekommen. Eine besondere Dringlichkeit, die Straße schon vorher umzubenennen, konnte das Gericht nicht erkennen - auch wenn die ersten Straßenschilder mit dem neuen Namen schon hängen (Beschluss vom 21.08.2025 – VG 1 L 682/25).
Die Bezirksverordnetenversammlung Mitte hatte bereits im Jahr 2021 beschlossen, die Straße umzubenennen. Das Bezirksamt veröffentlichte hierzu eine Allgemeinverfügung im Amtsblatt für Berlin. Mehrere Anwohnerinnen und Anwohner legten Widerspruch ein. Sie monierten unter anderem mangelnde Beteiligung, eine angeblich falsche Begründung und Verstöße gegen landesrechtliche Vorgaben zur Straßenbenennung. Eine dieser Klagen hatte das VG Berlin zuvor abgewiesen.
Das Gericht sah die Entscheidung des Bezirksamts nicht als willkürlich an, sondern als aufgrund veränderter gesellschaftlicher Anschauungen vertretbar. Die Benennung von Straßen erfolge vorrangig im öffentlichen Interesse, das Bezirksamt verfüge insoweit über ein weites Ermessen. Das OVG Berlin-Brandenburg folgte der Einschätzung der Vorinstanz und bestätigte diese ausdrücklich. Grundlage der damaligen Bewertung war die Einschätzung, dass die Bezeichnung "Mohr" für schwarze Personen heute jedenfalls teilweise als anstößig empfunden wird.
Keine ausreichende Begründung für Eilbedürftigkeit
Das VG stellte nun fest, dass das Bezirksamt nicht dargelegt habe, warum eine Durchführung der Umbenennung noch vor Abschluss aller Verfahren erforderlich sei. Auch wenn die Rechtmäßigkeit der Umbenennung grundsätzlich geklärt sei, müsse für eine sofortige Vollziehung ein besonderes öffentliches Interesse vorliegen. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.
Die Richterinnen und Richter führten weiter aus, dass der Hinweis auf den Internationalen Tag zur Erinnerung an den Sklavenhandel und seine Abschaffung am 23. August kein zwingender Grund für die schnelle Umbenennung sei. Auch an anderen Gedenktagen könne eine feierliche Umbenennung stattfinden. Ebenso wenig könnten die Vorbereitungen für den Festakt die Dringlichkeit rechtfertigen, da das Bezirksamt diese selbst in Kenntnis der offenen Klageverfahren veranlasst habe. Gleichzeitig machen die Richter deutlich, dass die Straßenumbenennung aufgeschoben, aber wohl nicht aufgehoben ist. Denn es sei "in hohem Maße unwahrscheinlich", dass die fragliche Anwohnerklage am Ende Erfolg haben werde.
Der Bezirk Mitte will seinen Zeitplan allerdings noch nicht aufgeben*. Das Bezirksamt legte beim OVG Berlin-Brandenburg Beschwerde ein. Das teilte Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Grüne) mit. Demnach hält ihre Behörde die Entscheidung des VG für "rechtsfehlerhaft". Man gehe weiter davon aus, dass die Umbenennung wie geplant vollzogen werden könne. Wann sich das OVG mit der Beschwerde beschäftigt, war zunächst offen.
(* Informationen zur Beschwerde des Bezirksamts eingefügt, 22.08.2025, 14:34h, jvh)