Das Gericht (Urteil vom 18.03.2024 - VG 36 K 389/22, nicht rechtskräftig) bestätigte damit ein Verbot der Berliner Polizeibehörde, die dem Beamten eine entsprechende Nebentätigkeit untersagt hatte. Aus Sicht des Gerichts war dies rechtens, weil dienstliche Interessen durch die Auftritte des Kommissars beeinträchtigt werden.
Auslöser des Ärgers für den Polizisten war ein Livestream, in dem er sich mit Arafat Abou-Chaker, der als Berliner Clan-Chef gilt, geduzt hatte. Die Polizei hatte ihm seine Nebentätigkeit als Streamer zunächst genehmigt. Doch dann kam es zu dem Interview mit Abou-Chaker. Im Juni 2022 verbot die Polizei dem Kommissar sämtliche Social-Media-Auftritte mit Polizeibezug und forderte ihn auf, seine Beiträge und den Profilnamen zu löschen.
Da der Beamte als Vertreter der Polizei zu erkennen sei, sei die Aktion geeignet, das Ansehen der Polizei zu schädigen, argumentierte der Dienstherr. Kommentare anderer Menschen würden dies untermauern. Das Gericht folgte dieser Argumentation. Das Interview mit Abou-Chaker stelle eine Grenzüberschreitung dar. Der Polizist verletze damit seine dienstlichen Pflichten. Bereits im Eilverfahren hatte das Gericht festgestellt, der Kommissar offenbare durch das Interview mit dem Clan-Angehörigen "ein nicht zu akzeptierendes Näheverhältnis zum Clan-Milieu". Auch vor dem OVG Berlin-Brandenburg war das Eilverfahren gescheitert.
Polizeiführung entscheidet über Öffentlichkeitsarbeit
Der Polizist hatte in der mündlichen Verhandlung erklärt, sein Gespräch mit der Clan-Größe sei kein Interview gewesen, sondern "ein spontaner Meinungsaustausch". Das Duzen sei bei den Gesprächen auf solchen Kanälen normal. "Alles andere wäre lächerlich", so der Beamte. Er werbe mit seinen szene-nahen Internetbeiträgen um Verständnis für die Polizei und berichte aus seinem Polizeialltag, lauteten weitere Argumente des Mannes.
Dies ließ das Gericht jedoch nicht gelten. "Der Dienstherr hat zu entscheiden, wie er seine Öffentlichkeitsarbeit gestalten will", sagte der Vorsitzende Richter Egbert Schneider. Welche Form das Ansehen der Polizei wahre, müsse die Polizeiführung entscheiden. Zu den zentralen Punkten in dem Verfahren gehörten die Fragen: Was darf man als Angehöriger des öffentlichen Dienstes in sozialen Medien posten? Wo hört das Private auf - und wo fängt das Dienstliche an? Mit Blick auf die fortlaufende Entwicklung sozialer Medien räumte Richter Schneider ein: "Möglicherweise stellt sich die Situation heute anders dar als es in fünf Jahren der Fall sein wird." Die Polizei arbeitet an Leitlinien für ihre Beschäftigten, wie die Behördenvertreterin im Prozess erklärte.
Die Polizei hat gegen den Beamten ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Dieses ruht derzeit, wie die Behördenvertreterin erklärte. Für kurze Zeit war der Polizist auch vom Dienst suspendiert. Im Dezember habe er die Aufforderung erhalten, den Dienst wieder anzutreten, sei aber krank geschrieben. In den sozialen Medien ist der Kommissar weiter aktiv, unter anderem für den Berufsverband "Unabhängige in der Polizei". Die sehen in dem Beamten "ein echtes Talent", so der stellvertretende Vereinsvorsitzende Jörn Badenick am Rande des Prozesses. Bei ihnen unterlägen die Beiträge allerdings einer regelmäßigen Kontrolle, betonte er.