Die Änderungen müssen noch von Bundestag und Bundesrat gebilligt werden. Die Länderkammer tagt am Freitag. Mit einer Reform des Bundesschienenwegeausbaugesetzes soll sich der Bund künftig direkt auch an Kosten der Unterhaltung und Instandhaltung des Schienennetzes beteiligen können - und nicht nur an Bauprojekten. Das Gesetz, das im Februar vom Bundestag beschlossen wurde, ist wichtig für die Generalsanierung wichtiger Bahnstrecken. Bis zum Jahr 2030 will die Bahn 40 hoch belastete Strecken grundlegend sanieren, um wieder pünktlicher und zuverlässiger zu werden.
Lange Zeit hatten Bund und Länder darüber gestritten, wer einen Schienenersatzverkehr mit Bussen bezahlt. Nun gab es eine Einigung: Einem Änderungsvorschlag zufolge sollen die Länder 50% tragen, der Bund 40% und die Bahn 10%. Außerdem soll sich der Bund bei der Digitalisierung der Schienenwege an mehr Infrastrukturkosten beteiligen können, dabei geht es auch um die Ausrüstung von Zügen mit digitaler Bordtechnik. Für den Bund soll es außerdem einfacher werden, sich finanziell daran zu beteiligen, Bahnhöfe auf Vordermann zu bringen. Das soll auch im Zuge der Generalsanierung geschehen.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte: "Wir leiten damit einen Paradigmenwechsel in der Schieneninfrastruktur der Bundesrepublik Deutschland ein. Nichts wird so bleiben, wie es ist und das ist gut so." Nun könnten Maßnahmen zur Verbesserung der Schieneninfrastruktur umgesetzt werden, um die Pünktlichkeit von Zügen wieder sicherzustellen. Zufrieden mit dem Ergebnis zeigte sich auch der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege: Nun sei der Weg frei für eine Investitionsoffensive.
Bei Änderungen am Straßenverkehrsgesetz geht es darum, dass Städte und Gemeinden mehr Spielraum etwa für die Einrichtung von Busspuren und Tempo-30-Zonen bekommen sollen. Künftig sollen generell neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs auch Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt werden. Wissing sagte: "Was wir bisher hatten, ist nicht akzeptabel." Er sprach etwa von Rechtsunklarheiten bei der Frage, ob man vor einer Kita eine Tempo 30-Zone anordnen könne. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge sagte: "Jetzt haben Kommunen endlich mehr Handlungsfreiheit, um Bussen, Radfahrenden und Fußgängern mehr Platz einzuräumen und so die Sicherheit vor Ort entscheidend zu verbessern."
Konsens zum neuen Onlinezugangsgesetz (0ZG 2.0)
Für Bürgerinnen und Bürger soll es künftig ein einheitliches elektronisches Konto für Verwaltungsdienstleistungen des Bundes geben. Die Kommunikation mit Behörden soll mit Hilfe der neuen Deutschland-ID rein online ablaufen können. Das sieht das neue Onlinezugangsgesetz (OZG 2.0) vor. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) begrüßte die Einigung. Sie versprach: "Digitale Anträge ersetzen die Papierform." In vielen Fällen werde der Gang zum Amt überflüssig, die Zettelwirtschaft finde in vielen Bereichen ein Ende. "Unterschriften per Hand und auf Papier sind nicht mehr nötig. Viele Nachweise müssen nur noch einmal vorgelegt werden." Für Unternehmen solle es künftig komplett digitale Verfahren geben, die viel Bürokratie ersparten.
Das OZG 2.0 bezieht sich im engeren Sinn nur auf Bundesverwaltungen wie die Bundesanstalt für Arbeit oder das Amt für Ausbildungsförderung (Bafög). Es soll aber auch auf die Bundesländer und Kommunen ausstrahlen. Bund und Länder sollen daher in einem gemeinsamen Gremium in den kommenden zwei Jahren Standards entwickeln, die für alle Beteiligten verbindlich sind. Damit soll auch verhindert werden, dass in den Verwaltungen mehrfach Programme geschrieben werden, um dasselbe Problem zu lösen.
Mehr Onlineverhandlungen, aber keine Einigung zur Dokumentation von Hauptverhandlungen
In Gerichtsverfahren soll künftig häufiger Videokonferenztechnik zum Einsatz kommen. Bereits heute können mündliche Verhandlungen an Zivilgerichten und Fachgerichten wie Verwaltungs-, Finanz-, Arbeits- und Sozialgerichten per Videokonferenz durchgeführt werden. Künftig soll das schon auf Antrag einer Partei geschehen können. Bundesrat und Bundestag haben sich nun darauf geeinigt, dass der Einsatz der Technik voraussetzt, dass es um "geeignete Fälle" geht und "ausreichende Kapazitäten" vorhanden sind. Eine Ablehnung eines Antrags auf Bild- und Tonübertragung soll der Vorsitzende Richter nur "kurz" begründen müssen.
Ob Verhandlungen auch "vollvirtuell" stattfinden können, bleibt den Ländern überlassen, die entsprechende Vorschriften erlassen müssten, befristet zunächst bis 2033. In diesem Fall könnten alle Beteiligten virtuell teilnehmen. Normalerweise muss zumindest der Vorsitzende Richter oder die Richterin im Gerichtsgebäude sein.
Noch keine Einigung ist hingegen bei Plänen zur Dokumentation von Hauptverhandlungen in Sicht. Im April wurde das Gesetz in den Vermittlungsausschuss geschickt. Den Reformplänen zufolge soll der Ton künftig aufgezeichnet und dann verschriftlicht werden. Zusätzlich sollen Länder auch Bildaufzeichnungen machen können. Die Neuerungen sollten in einer Testphase an Oberlandesgerichten erprobt werden. Die Länder zweifeln allerdings am Bedarf, fürchten um den Opferschutz und warnen vor unmäßigem Aufwand.