Verfassungsschutz legt bald neue Einschätzung zur AfD vor

Der Inlandsgeheimdienst beobachtet die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall. Spätestens zum Jahresende soll klar werden, ob diese Einschätzung noch aktuell ist.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz will nun in den nächsten zweieinhalb Monaten ein neues Gutachten zur AfD vorlegen. "Mit einer Entscheidung wird noch in diesem Jahr zu rechnen sein", sagte Behördenchef Thomas Haldenwang bei einer öffentlichen Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages.

Mitte Mai hatte das OVG Nordrhein-Westfalen in Münster entschieden, dass der Verfassungsschutz die AfD zu Recht als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft hat, was den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel wie etwa Observation erlaubt. Das OVG hatte die Revision nicht zugelassen. Eine dagegen gerichtete Beschwerde der AfD blieb erfolglos.

3 Varianten möglich

Theoretisch sind in dem neuen Gutachten drei Szenarien denkbar: Entweder hat sich der Verdacht der Verfassungsschützer nicht bestätigt, dann würde der Inlandsnachrichtendienst die Beobachtung der AfD als Verdachtsfall beenden. "Ich halte diese Variante für äußerst unwahrscheinlich", sagte Haldenwang.

Oder der Verdacht bestätigt sich. Das hätte dann eine Einstufung der Gesamtpartei als gesichert extremistische Bestrebung zur Folge. Möglich wäre aber auch eine weitere Beobachtung als Verdachtsfall mit einer entsprechenden Begründung - etwa falls sich aufgrund noch nicht abgeschlossener interner Vorgänge in der Partei nicht klar sagen lässt, in welche Richtung sich die AfD entwickelt.

Das neue Gutachten werde "unter Berücksichtigung aktuellster Entwicklungen innerhalb der Partei" erstellt. Auch "die sichtbaren Vorgänge rund um die Landtagswahlen in Ostdeutschland" spielten eine Rolle, sagte der Behördenchef.

"Voice-of-Europe"-Ermittlungen

Haldenwang kam in der Sitzung auch auf die Haltung deutscher Links- und Rechtsextremisten zu Russland und seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine zu sprechen sowie auf die Ermittlungen zu "Voice of Europa".

Auf dem Nachrichtenportal waren unter anderem Interviews mit den AfD-Politikern Maximilian Krah und Petr Bystron erschienen. Die tschechische Zeitung "Denik N" berichtete Anfang April, im Fall Bystron sei möglicherweise auch Geld geflossen. Der AfD-Bundestagsabgeordnete hat das zurückgewiesen. Auch Krah bestreitet, Geld aus dem Umfeld von "Voice of Europe" angenommen zu haben.

Haldenwang sagte, Ziel der Plattform sei die "Verbreitung von Desinformation und Propaganda für Moskau" gewesen. Er fügte hinzu: "Aber vor allen Dingen auch das Ziel war es, geneigte Europapolitiker gegen Geld zu gewinnen, damit diese Politiker dann im Europaparlament oder anderswo, ja, russische Politik betreiben."

Die russische Strategie beschrieb er insgesamt mit den Worten: "Die Ränder werden unterstützt, um in der Mitte den Keil hineinzutreiben." Der russische Präsident, Wladimir Putin, sei eine "stark autoritäre Person", daher sei die "Anschlussfähigkeit im Bereich Rechts stärker ausgeprägt".

Redaktion beck-aktuell, bw, 14. Oktober 2024 (dpa).