Verfassungsrichter, der Präsident des Landesrechnungshofes und auch die Mitglieder des Richterwahlausschusses können in Thüringen nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag gewählt werden. Letzteres, erklärte die DAV-Hauptgeschäftsführerin Sylvia Ruge, sei "für die Rechtspflege verheerend". "In den nächsten Jahren steht dem Freistaat eine Pensionierungswelle bevor – dann könnte eine Blockade des Richterwahlausschusses die Rechtsprechung lahmlegen", so Ruge weiter. Auch die Wahl des Landtagspräsidenten oder der Landtagspräsidentin sowie der Mitglieder der parlamentarischen Kontrollkommission könnten so beeinflusst werden.
"Nichts davon ist eine Neuigkeit", erinnert Ruge. Dass trotz der zahlreichen Mahnungen von Verfassungsrechtlern und Verfassungsrechtlerinnen und Verbänden bisher keine Maßnahmen zur Stärkung der rechtsstaatlichen Resilienz getroffen worden sind, bezeichnete sie als geradezu fahrlässig. Andere Bundesländer dürften diesen Fehler nicht wiederholen. Alle Landesregierungen seien aufgerufen, genau hinzuschauen und Maßnahmen zu ergreifen, um das Rechtswesen und die Rechtsstaatlichkeit vor der Einflussnahme radikal-autoritärer Kräfte zu schützen. Dass dies auch über Parteigrenzen hinweg möglich sei, belegten die zuletzt auf Bundesebene erarbeiteten Vorschläge zur Absicherung des BVerfG.
Richterbund fordert mehr Schutz der Justiz vor Eingriffen
Auch der Deutsche Richterbund fordert einen besseren Schutz der Justiz. "Mit Blick auf die jüngsten Wahlergebnisse ist es dringender denn je, die Unabhängigkeit der Justiz in Bund und Ländern besser gegen gezielte politische Eingriffe durch illiberale, extremistische Kräfte zu sichern", sagte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn. Mit der Sperrminorität der AfD in Thüringen sei "ein erster Dominostein bereits gekippt."
Um zu verhindern, dass Verfahren zur Besetzung von Richterstellen parteipolitisch missbraucht werden, schlug Rebehn vor, diese an Richterwahlausschüsse zu übergeben, "in denen Justizvertreter und Experten sitzen und Parteienvertreter keine dominierende Rolle spielen".
"Es braucht jetzt auch in den Ländern konkrete Initiativen, um die Justiz besser vor politischen Durchgriffen zu schützen und sie als Bollwerk der Demokratie zu stärken", sagte Rebehn weiter. Das Prinzip Hoffnung und das Motto "es wird schon nicht so schlimm werden" seien kein Ersatz für eine vorausschauende Politik.