Initiative für einen handlungsfähigen Staat: So soll es klappen

Blockaden und Selbstblockaden des Staates auflösen, diesen handlungsfähig machen – das will eine prominent besetzte Initiative erreichen. Sie verbindet ihre Vorschläge mit einer Warnung.

Gründlichere Gesetzgebungsverfahren, klare Aufgabenzuordnung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, Bündelung der Zuständigkeit für alle sozialen Leistungen: Mit Reformen wie diesen kann der Staat nach Auffassung einer prominent besetzten Initiative wieder handlungsfähig werden und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückgewinnen. Die Initiative für einen handlungsfähigen Staat mahnt in ihrem Abschlussbericht auch mehr Vertrauen des Staates in seine Bürger und deren stärkere politische Beteiligung an.

Die Initiative wurde im vergangenen Jahr von der Managerin und Verlegerin Julia Jäkel, dem früheren Präsidenten des BVerfG, Andreas Voßkuhle, dem ehemaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und dem einstigen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) ins Leben gerufen. Die Schirmherrschaft hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

"Nur sichtbare Reformen verhindern Schaden für die Demokratie"

Deutschland befinde sich in einer "strukturellen Krise", sagte Voßkuhle bei einer Diskussionsveranstaltung im Schloss Bellevue. "Um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Handlungsfähigkeit des Staates zurückzugewinnen, bedarf es daher umfassender Reformen. Das ist indeutig." Voßkuhle warnte: "Wenn in dieser Legislaturperiode nicht erste Erfolge sichtbar werden, wird – da sind wir sicher – unsere Demokratie Schaden nehmen."

Ähnliche Sorgen äußerte auch Steinmeier: "Wenn Institutionen nicht mehr das leisten, was sie versprechen und was man als Bürgerin und Bürger zu Recht von ihnen erwarten darf, geht es um mehr als individuelle Ärgernisse", warnte er. "Dann erodiert politisches Vertrauen in unsere demokratische Ordnung. Und klar ist: Gerade das müssen wir verhindern." Umgekehrt gilt aus Sicht des Bundespräsidenten: "Unsere Demokratie wird stärker und resilienter, wenn wir unseren Staat besser, schneller, bürgernäher machen."

Die meisten Vorschläge beträfen nicht einzelne Bürger, etwa durch den Abbau einzelner Leistungen, erläuterte de Maizière bei der Vorstellung des Berichts. "Sondern wir verlangen die meiste Veränderung von den Entscheidern und den Verwaltungen selbst. Da sind auch wahrscheinlich die wirksamsten Widerstände zu erwarten – weniger offen als vielmehr listig." Jäkel betonte, "eine der dringendsten und drängendsten Gelingensbedingungen ist eine Reform der Verwaltung".

Umfangreicher Forderungskatalog – inklusive Pflichtjahr

Zu den Forderungen der Initiative gehört auch eine allgemeine Dienstpflicht in Form eines Pflichtjahres für alle jungen Menschen in Deutschland. Weitere Forderungen sind unter anderem: Gesetze sollen Experimentierklauseln erhalten und Verwaltungsbehörden die Möglichkeit bekommen, von Regelungen für eine bestimmte Zeit abzuweichen. Der Aufwand für die Umsetzung und Erfüllung gesetzlicher Vorgaben soll ebenso drastisch reduziert werden wie Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten für Unternehmen und Bürger.

Die Initiative will Nachrichtendiensten mehr Befugnisse geben, um Deutschland wirksam schützen zu können. Sie spricht sich dafür aus, im Datenschutz Regeln zu lockern und Verantwortlichkeiten zu straffen. Zur Stärkung der Bildung und der Schulen soll ein Nationaler Bildungsrat gegründet werden. Das Vertrauen der Bürger in die Rechtsstaatlichkeit soll durch eine schärfere Bekämpfung von Steuer- und Sozialbetrug, Geldwäsche und Schwarzarbeit gestärkt werden.

Initiative sieht neue Bundesregierung auf richtigem Weg

Die Initiative lobte, dass viele ihrer Empfehlungen, die sie bereits in einem Zwischenbericht vorgelegt hatte, in den schwarz-roten Koalitionsvertrag aufgenommen worden seien. Zwar gebe es dort noch Leerstellen wie beim Thema Soziales, sagte Jäkel. "Und doch gilt: Würde nur die Hälfte dieser Empfehlungen umgesetzt werden, wäre dieses Land ein anderes Land."

Deshalb müssten die Vorhaben jetzt vom Papier in die Wirklichkeit gebracht werden. Das Bundeskabinett müsse die Umsetzung einer Staatsreform als wirkliche Gemeinschaftsaufgabe ansehen. Ein Minister für Digitalisierung und Staatsmodernisierung werde die Aufgabe allein nicht bewältigen können. Jäkel kritisierte, dass dies noch nicht alle erkannt hätten. "Leider rühren einige Ministerien weiterhin Zement an. Sie wollen Kompetenzen nicht abgeben, sie wollen die besten Mitarbeiter nicht ziehen lassen." Ressortdenken müsse jetzt aber nach hinten rücken. Ähnliches war im März bereits in einer Initiative "für den Zukunftsstaat" gefordert worden. Den Aufruf hatten Politiker und Wirtschaftsvertreter unterzeichnet.

Redaktion beck-aktuell, bw, 14. Juli 2025 (dpa).

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