Schutz der Demokratie: Verfassungsblog gibt Empfehlungen für Thüringen

Mehr Parlament, weniger Blockade: Zum Schutz der Demokratie vor autoritär-populistischen Bestrebungen hat der Autorenkreis des  Verfassungsblogs Änderungen in Thüringer Gesetzen und der Landesverfassung angeregt. "Eine Demokratie ist widerstandsfähig, wenn sie vorbereitet ist", sagte der Gründer des Blogs Maximilian Steinbeis am Mittwoch im Thüringer Landtag. 

Das "Thüringen-Projekt" des Verfassungsblogs beschäftigt sich mit der Frage, was passieren würde, wenn "autoritär-populistische Parteien staatliche Machtmittel in die Hand bekommen". Steinbeis und sein Team gaben sieben Handlungsempfehlungen, um die Demokratie in Thüringen widerstandsfähiger gegen demokratiegefährdende Kräfte zu machen. So schlugen sie einen Antiblockade-Mechanismus bei der Wahl von Richtern für das Thüringer Verfassungsgericht vor.

Hintergrund ist, dass die AfD nach Umfragen Chancen hat, in Thüringen mehr als ein Drittel der Sitze im Thüringer Landtag zu bekommen – sie könnte dann Abstimmungen blockieren, für die eine Zweidrittel-Mehrheit erforderlich ist. Dazu gehört in Thüringen auch die Wahl von Richtern für den Verfassungsgerichtshof.

Das Verfassungsblog-Team schlug vor, dass, sollte für längere Zeit kein Richter gewählt werden, das Vorschlagsrecht an das Gericht zurückgehen könnte und das Mehrheitserfordernis von einer Zweidrittel-Mehrheit auf die absolute Mehrheit abgesenkt wird. Die AfD wird in Thüringen als gesichert extremistisch eingestuft. Steinbeis sagte, die AfD stelle eine große Gefahr für die Demokratie dar. Sie sei einer der Anlässe für den Start des Projekts gewesen, aber nicht der Gegenstand der Arbeit.

Zudem plädierte der Verfassungsblog dafür, dass ein Thüringer Ministerpräsident nicht mehr allein Medienstaatsverträge für das Bundesland aufkündigen können soll, sondern dass das Parlament mit eingebunden wird. Ebenso sollte demnach die Landeszentrale für politische Bildung nicht bei der Staatskanzlei angedockt sein, sondern als Anstalt öffentlichen Rechts auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden.

"Not-Aus" bei gescheiterter Ministerpräsidentenwahl

Im Fall einer gescheiterten Ministerpräsidentenwahl sollte es nach Ansicht der Autoren einen sogenannten Not-Aus-Mechanismus geben, mit dem das Parlament mit einer absoluten Mehrheit seine Auflösung bestimmen können soll. Bislang ist für die Auflösung eine Zweidrittel-Mehrheit nötig. Scheitert die Auflösung, sollte es einen vierten Wahlgang geben – bei dem dann ein Kandidat, der allein antritt, auch gewählt wäre, wenn er mehr Nein- als Ja-Stimmen erhält.

In Thüringen wird am 1. September ein neuer Landtag gewählt. In Umfragen steht die AfD auf Platz eins – mit Werten aktuell zwischen 29% und 31%. Es könnte erneut zu einer sehr schwierigen Regierungsbildung kommen.

Das Verfassungsblog-Team hat außerdem vorgeschlagen, die Wahl des Landtagspräsidenten präziser zu regeln. Der Präsident des Verfassungsschutzes und der Polizeipräsident sollten keine politischen Beamte sein. Das soll einen zu großen Einfluss der Regierung auf diese wichtigen Positionen verhindern. Konsultative Volksbefragungen sollten nach Ansicht der Experten ausgeschlossen werden – sie könnten als Instrument der Regierung benutzt werden, hieß es.

Vor dem Hintergrund des Erstarkens rechter Kräfte beraten Ampel und Union über einen besseren Schutz des BVerfG. Die Länder teilen das Anliegen – und haben jüngst gefordert, in die Beratungen mehr eingebunden zu werden.

Redaktion beck-aktuell, ak, 18. April 2024 (dpa).