Regierung einigt sich auf Details der Kindergrundsicherung

Lange hatte die Koalition um die Kindergrundsicherung gestritten – jetzt kann sie im Kabinett beraten werden. Die Bundesregierung hat bisher noch offene Detailfragen klären können. Eile ist geboten, wenn die Kindergrundsicherung wie geplant Anfang 2025 starten soll.

Das Familienministerium habe die Hinweise aus anderen Ressorts und der Bundesagentur für Arbeit bei den relevanten Punkten umgesetzt, hieß es aus der Ampel-Koalition.

Die Kindergrundsicherung soll bisherige Leistungen wie Kindergeld, Leistungen aus dem Bürgergeld für Kinder und den Kinderzuschlag bündeln. Durch mehr Übersichtlichkeit und eine zentrale Plattform sollen auch Familien erreicht werden, die bisher aus Unkenntnis oder wegen bürokratischer Hürden ihnen zustehendes Geld nicht abrufen.

Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch sprach am Sonntag von einem "Riesen-Schritt für mehr soziale Gerechtigkeit und neue Chancen für Kinder". Die Größe der Reform werde noch immer unterschätzt. Über die nächsten Jahre sollten etwa 90% der Anspruchsberechtigten erreicht werden.

In Pandemie eingeführter Sofortzuschlag entfällt

Eigentlich sollte die vor allem zwischen Grünen und FDP umstrittene Kindergrundsicherung vor eineinhalb Wochen im Kabinett auf den Weg gebracht werden. Die Erwartung hatte zumindest Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) geäußert. Auf die Tagesordnung kam das Vorhaben dann aber doch nicht. Aus Kreisen des Familienministeriums hieß es damals, es hake noch beim Kindergeldübertrag und dem Asylbewerberleistungsgesetz – also bei Fragen danach, wer Leistungen erhält und wie diese mit der Kindergrundsicherung verrechnet werden oder eben nicht.

Die Unstimmigkeiten scheinen nun aus dem Weg geräumt: Mit Einführung der Kindergrundsicherung entfalle der in der Corona-Pandemie eingeführte Sofortzuschlag im Bundeskindergeldgesetz, Sozialgesetzbuch II und XII sowie im Asylbewerberleistungsgesetz, heißt es etwa in dem neuen Gesetzentwurf, der der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Zuerst hatte die "Rheinische Post" darüber berichtet.

Für Start zum 1.1.2025 Eile geboten

Das sozialpolitische Aushängeschild der Ampel-Regierung muss nun zeitnah ins Kabinett, um den ehrgeizigen Zeitplan von Paus einzuhalten: Im Gesetzentwurf ist weiterhin die Rede von einem Start zum 1.1.2025. Dass dieser Zeitpunkt realistisch ist, hatte die Bundesagentur für Arbeit (BA) zuvor bezweifelt. Eine Vorlaufzeit des komplexen Gesetzesvorhabens von mindestens zwölf Monaten sei erforderlich, um es erfolgreich umzusetzen.

Im überarbeiteten Gesetzentwurf heißt es nun, das Vorhaben sei besonders eilbedürftig. Denn die "BA benötigt ab Verkündung des Gesetzes ausreichend Zeit (bis zu einem Jahr), um die Verwaltungsabläufe und IT-Verfahren auf die Einführung der Kindergrundsicherung vorzubereiten". 

FDP zufrieden – Kritik vom DGB

Zuvor hatten Paus und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bereits monatelang um die Finanzierung der Kindergrundsicherung gerungen. Ende August einigten sich beide schließlich auf Details zur Finanzierung des Vorhabens.

Der Berichterstatter der FDP-Bundestagsfraktion, Martin Gassner-Herz, äußerte sich zufrieden mit der Einigung. «Die simple Vorstellung, mehr Geld würde dem komplexen Thema der Kinderarmut Abhilfe schaffen, haben wir ausgeräumt», erklärt er. "Für mehr Chancen haben wir aktuell mit dem Startchancenprogramm für Schulen in sozialen Brennpunkten und zukünftig mit dem Kinderchancenportal das erreicht, was uns wichtig war." Mit dem Startchancen-Programm sollen 4.000 Schulen in schwierigen Lagen in den kommenden Jahren spezielle staatliche Förderung in Milliardenhöhe bekommen.

Der Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte den Kompromiss. "Wenn auf Druck der FDP der Sofortzuschlag für geflüchtete Kinder gestrichen und ihre Leistungen damit um 20 Euro gekürzt werden sollen, hat das mit Humanität ebenso wenig zu tun wie mit gesellschaftlichem Fortschritt", sagte Vorstandsmitglied Anja Piel am Sonntag. Kinder Geflüchteter zählten schon jetzt zu den "Ärmsten der Armen", da Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes deutlich unter denen des Bürgergeldes lägen.

Redaktion beck-aktuell, bw, 25. September 2023 (dpa).