Rechtsausschuss: Mindeststrafen bei Kinderpornografie anpassen

Der Rechtsausschuss hat sich am Mittwoch mit der geplanten Anpassung der Mindeststrafen für Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte befasst. Es herrschte Einigkeit, dass besorgte Eltern, die sich gegenseitig warnen wollen und zu diesem Zweck Bilder weiterleiten, nicht bestraft werden sollen.

Mit der Gesetzesänderung (BT-Drs. 20/10540) will die Bundesregierung die Höchststrafen beibehalten, die Mindeststrafen aber je nach Tatbestand auf sechs beziehungsweise drei Monate senken. Der Strafrahmen des § 184b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 StGB war erst zum 01.07.2021 verschärft und die Mindeststrafe auf ein Jahr angehoben worden. Damit wurden die Delikte vom Vergehen zum Verbrechen hochgestuft.

In der Praxis kam es allerdings zu unbefriedigenden Ergebnissen: So erhielt eine Mutter, die andere Eltern durch Weiterleitung verbotener Bilder vor Kinderpornos warnen wollte, eine Bewährungsstrafe wegen Verbreitung von Kinderpornografie. Nach Ansicht aller Anhörungsteilnehmer ist der Gesetzgeber "übers Ziel hinausgeschossen".

Vertreter der Staatsanwaltschaft und Polizei beklagten, dass Strafermittler seit der Reform auch "bei Fällen mit geringstem Unrechtsgehalt“ an der Einstellung der Verfahren gehindert seien. Die Behörden müssten mit "harten Ermittlungsmaßnahmen" wie Durchsuchungen und Beschlagnahmen gegen "zum Teil ahnungslose Personen" vorgehen. Mehrere Experten bezeichneten die bestehende Regelung sogar als verfassungswidrig, da sie gegen das Übermaßverbot bei der Strafverfolgung verstoße und verwiesen auf eine anhängige Prüfung in Karlsruhe.

Einigkeit im großen Bild, im Detail sind Fragen offen

Allerdings gab der Ehrenvorsitzende des Vereins "Deutsche Kinderhilfe - Die ständige Kindervertretung", Rainer Becker, zu bedenken, dass Deutschland mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung gegen eine EU-Richtlinie verstoßen könnte, die jegliche Kinderpornografie als schwere Straftat einstuft. Der von der Unionsfraktion benannte Sachverständige schlug deshalb vor, stattdessen bestimmte Tatmerkmale als minderschwere Fälle mit entsprechend niedrigerem Strafrahmen einzustufen und andere, wie den eingangs dargestellten, ganz von der Strafverfolgung ausnehmen.

Einen Tatbestandsausschluss sieht die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Kerstin Claus, allerdings kritisch. Auch bei einem "Unrechtsgehalt am untersten Rand" brauche es erst einmal die Möglichkeit für die Strafverfolger, den Fall zu prüfen, um ihn angemessen beurteilen zu können, führte die von der SPD-Fraktion benannte Sachverständige aus.

Mehrere Sachverständige wiesen darauf hin, dass eine Auflistung von Tatbeständen, die eine Strafverfolgung ausschließen, auch neue Schlupflöcher für Täter schaffen könne. Sie könnten etwa strafbares Material verbunden mit geheuchelten Warnungen weiterverbreiten.

Auch die Einführung von minderschweren Fällen stieß mehrheitlich auf Ablehnung. Der Tübinger Strafrechtsprofessor Jörg Eisele verwies darauf, dass damit keine Einstellung von Verfahren erreicht werde. Deshalb sei die von der Bundesregierung vorgeschlagene Senkung der Mindeststrafe der richtige Weg, sagte der von der Unionsfraktion benannte Sachverständige.

Redaktion beck-aktuell, ak, 11. April 2024.