Am Freitag hatte das Rumänische Verfassungsgericht entschieden, dass die erste Runde der Präsidentenwahl in Rumänien wiederholt werden muss. Der erstplatzierte Kandidat Calin Georgescu bezeichnete die Gerichtsentscheidung als "Staatsstreich" und äußerte sich entschlossen, seinen Kampf fortsetzen zu wollen. Ob er erneut eine Kandidatur für das Präsidentenamt starten wolle, sagte er aber nicht explizit. "Der Sieg gehört Gott, und wir sind nur die Mittel, mit denen sein Wille verwirklicht wird", sagte er in einer Videoansprache, die er auf Facebook veröffentlichte. Die Gerichtsentscheidung beweise, dass in Rumänien "der Rechtsstaat im künstlichen Koma" und die Demokratie angegriffen worden sei. "Es ist Zeit zu zeigen, dass wir ein mutiges Volk sind", sagte er weiter.
Georgescu will gegen die Wahlbehörde und gegen das dieser untergeordnete zentrale Wahlbüro Klage einreichen. Die beiden Institutionen seien nicht verpflichtet gewesen, den Beschluss des Verfassungsgerichts umzusetzen, erklärte Georgescus Team auf dessen Facebook-Seite. Unabhängige Juristinnen und Juristen äußerten sich zunächst nicht zu dieser Auslegung der Rechtslage.
Kritik und Lob für Entscheidung des Gerichts
Die zweitplatzierte, konservativ-liberale Kandidatin Elena Lasconi verurteilte die Entscheidung des Gerichts scharf: "Heute ist der Moment, in dem der rumänische Staat die Demokratie mit Füßen getreten hat", sagte sie. Vor der Entscheidung hatte Lasconi betont, es sei wichtig für Rumäniens Demokratie, dass Georgescu bei einer regulären Wahl besiegt werde und nicht durch Gerichtsentscheidungen.
Ministerpräsident Marcel Ciolacu von der Sozialdemokratischen Partei (PSD) hingegen begrüßte den Gerichtsbeschluss: Es sei die "einzig richtige" Entscheidung gewesen, nachdem die Sicherheitsorgane Dokumente veröffentlicht hätten die belegen würden, dass Russland die Wahl manipuliert habe.
Die Wiederholung des ganzen Wahlprozesses bedeutet auch, dass die Kandidaten, bevor sie antreten können, vom Verfassungsgericht noch einmal bestätigt werden müssen. Dies kann mehrere Wochen dauern. Staatspräsident Klaus Iohannis, dessen Mandat normalerweise am 21. Dezember enden würde, kündigte an, in der neuen Situation im Amt zu bleiben, bis sein Nachfolger gewählt sei. Wann dies der Fall sein wird, ist bislang unklar.
Ermittlungen gegen rechtsradikale Propagandisten
Derweil gehen Rumäniens Strafverfolger gegen rechtsradikale Propagandisten vor und sammeln mögliche Beweise für Gesetzesverstöße im Kontext der Wahl. Wie die oberste Staatsanwaltschaft in Bukarest mitteilte, werde ermittelt, wer möglicherweise an der "illegalen Finanzierung" des Wahlkampfs "eines Kandidaten" für das Präsidentenamt beteiligt war. Gemeint ist Georgescu, seinen Namen nannte die Staatsanwaltschaft aber nicht. Zum Verdacht auf illegale Wahlkampf-Finanzierung fanden in der siebenbürgischen Stadt Brasov (Kronstadt) drei Hausdurchsuchungen statt.
Georgescu hatte vor allem auf der Online-Plattform Tiktok für sich geworben. Er hatte der Wahlbehörde mitgeteilt, dass er dafür "null" Finanzmittel ausgegeben habe. Rumäniens Geheimdienste erklärten aber, man gehe davon aus, dass Georgescus Tiktok-Kampagne etwa eine Million Euro gekostet habe, zumal dabei die Sichtbarkeit dieses Kandidaten künstlich erhöht worden sei.
Ermittlungen zu faschistischer Veranstaltung
Ferner laufen landesweit Hausdurchsuchungen bei Menschen, die öffentlich – darunter auch in sozialen Medien – ihre Sympathie für die rumänischen Faschisten aus den 1930er und 1940er Jahren bekundet hatten, die sich "Legionäre" nannten. Im Visier der Ermittler sind vor allem die Teilnehmer einer Gedenkveranstaltung für den einstigen Führer der Legionäre, Corneliu Zelea Codreanu (1899-1938), am 30. November im Wald von Tancabesti bei Bukarest.
Unter anderem hoben dabei die mehr als hundert Teilnehmer den Arm zum faschistischen Gruß, wie auf Videos zu sehen war. Mit dabei war auch die kremlfreundliche EU-Parlamentarierin Diana Iovanovici Sosoaca, Vorsitzende der extrem rechten Partei S.O.S. Romania.