Die ungarische Staatsanwaltschaft wirft der Person vor, im Februar 2023 in Budapest an vier Angriffen auf tatsächliche und vermeintliche Rechtsextremisten beteiligt gewesen und damit für schwere Körperverletzungen mitverantwortlich zu sein. Maja T. lehnte das Angebot der Staatsanwaltschaft ab, ein Schuldgeständnis abzulegen und dafür ohne weitere Verhandlung 14 Jahre Haft zu akzeptieren. Daher ist nun ein langer Prozess zu erwarten, an dessen Ende das Höchst-Strafmaß von 24 Jahren drohen könnte.*
Die Anklage wirft Maja T., die in Jena geboren wurde, Mitgliedschaft in einer "kriminellen Vereinigung" vor, die auf offener Straße in zwei Fällen Menschen tätlich angegriffen habe, die sie für rechtsextrem hielt. Dabei gab es insgesamt vier Verletzte. Erst vor zwei Tagen hat dazu beim OLG München der Prozess gegen die mutmaßliche Mittäterin Hanna S. begonnen. In diesem Fall spricht die Staatsanwaltschaft von versuchtem Mord.
Anklage spricht von planmäßigen, brutalen Angriffen
Die Gruppe sei planmäßig vorgegangen, mit verteilten Rollen, als Koordinatoren oder Ausführende, heißt es in der Budapester Anklage. Die Angreifer hätten ihre Opfer auf der Straße verfolgt, von hinten mit Schlagstöcken auf sie eingeprügelt und seien 30 Sekunden später geflohen. Um ihre Verfolgung zu erschweren, seien die Angreifer vermummt gewesen und hätten mehrere Schichten Kleider getragen, die sie während ihrer Flucht wechselten.
Die Anklage zählte schwere Verletzungen der Opfer auf: Knochenbrüche an Fingern und im Gesicht, Platzwunden, eine Gehirnerschütterung. Nur durch Zufall seien die Verletzungen nicht lebensbedrohlich gewesen. Zwei Opfer beantragten vor Gericht Schmerzensgeld: Ein Mann verlangte 10 Millionen Forint (rund 25.000 Euro), eine Frau zwei Millionen Forint (rund 4.950 Euro).
Maja T. erklärt sich für politisch verfolgt - Applaus von Sympathisanten
Im Gerichtssaal wurde Maja T. (24), die in Handschellen vorgeführt wurde, von etwa zwei Dutzend Anhängern mit Applaus empfangen. Vor dem Gerichtsgebäude prangten Transparente mit Forderungen ihrer Freilassung. "Ich stehe hier in einem Land vor Gericht, in dem ich als non-binäre Person nicht existiere, weil ich eine Antifaschistin bin", sagte Maja T. in einer etwa halbstündigen Rede im Gerichtssaal. "In diesem Prozess geht es um viel mehr als um mich selbst". Der ungarische Staat würde den Rechtsradikalismus "legitimieren und fördern". Majas Vater Wolfram J. sagte danach vor Journalisten: "Mein Kind ist stark geblieben".
Maja T. beklagte, dass sie unter "menschenunwürdigen Bedingungen" in Einzelhaft gehalten werde, mit Schlafentzug durch stündliche Kontrollen in der Zelle, sowie unter mangelnden hygienischen Bedingungen. Zudem habe sie nicht alle Prozessakten in deutscher Übersetzung erhalten. Einen Antrag der Verteidigung auf Umwandlung der Untersuchungshaft in Hausarrest lehnte der Richter Jozsef Sos ab mit der Begründung, dass Fluchtgefahr bestehe.
Zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Gewalttaten feierten Ungarns Rechtsextremisten wie jedes Jahr den "Tag der Ehre": Am 11. Februar 1945 versuchten Soldaten der Wehrmacht im von der Roten Armee belagerten Budapest vergeblich einen letzten "Ausbruch", nachdem die Wehrmacht den Kampf bereits praktisch verloren hatte. Ungarns Behörden gehen gegen den "Tag der Ehre" nicht vor, jedoch gibt es dabei stets Gegendemonstrationen von Antifaschisten.
Maja T. wurde im Dezember 2023 in Berlin verhaftet und im Juni 2024 nach Ungarn ausgeliefert - obwohl das BVerfG dies untersagt hatte. Doch die Entscheidung aus Karlsruhe kam wenige Minuten zu spät. Vor drei Wochen hatte das BVerfG in der Hauptsache entschieden, dass diese Auslieferung nicht rechtens war. Richter Jozsef Sos erklärte, dieser Vorgang spiele für den Prozess in Ungarn keine Rolle.
(* Der Beitrag wurde nach Erscheinen umfangreich mit weiterem Material ergänzt. 21.2.2025, 17:07h, jvh)