Entscheidung durch Polens Verfassungsgericht über Vorrang von EU-Recht verzögert sich weiter

Das Verfassungsgericht in Polen hat eine Entscheidung zu der Frage, ob das polnische Grundgesetz über EU-Recht steht, erneut vertagt. Die am 22.09.2021 be­gon­ne­ne Sit­zung wurde zunächst auf den 30.09.2021 vertagt und gestern entsprechend fort­ge­setzt. Viel passierte allerdings nicht und nun soll die Sitzung am 07.10.2021 fortgeführt werden, wie die Gerichtspräsidentin Julia Przylebska in Warschau sagte.

EuGH: EU-Recht steht auch über nationalem Verfassungsrecht

Regierungschef Mateusz Morawiecki hatte die Verfassungsrichter gebeten, ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom März zu überprüfen. Darin hatten die obersten EU-Richter festgestellt, dass EU-Recht Mitgliedstaaten zwingen kann, einzelne Vorschriften im nationalen Recht außer Acht zu lassen. Das gelte selbst dann, wenn es sich um Verfassungsrecht handele.

Zweifel an der Unabhängigkeit des polnischen Verfassungsgerichts

Die EU-Kommission hat wegen der Reformen des polnischen Justizsystems bereits mehrere Vertragsverletzungsverfahren gegen die Regierung in Warschau eröffnet und Klagen beim Europäischen Gerichtshof eingereicht. Unter anderem hat die Brüsseler Behörde auch Zweifel an der Unabhängigkeit des polnischen Verfassungsgerichts. Die Vorsitzende Julia Przylebska ist eine enge Vertraute des PiS-Chefs Jaroslaw Kaczynski. Die EU-Kommission hält derzeit milliardenschwere Corona-Hilfen für Polen zurück, weil es Bedenken gibt, ob das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit in dem Land eingehalten wird. Der zuständige EU-Kommissar Valdis Dombrovskis sagte kürzlich, auch die offene Frage der Vorrangigkeit des EU-Rechts spiele dabei eine Rolle.

Redaktion beck-aktuell, 1. Oktober 2021 (dpa).