Widerspruchslösung: Bundestag debattiert über neue Organspende-Regeln

Im Bemühen um mehr Organspenden in Deutschland hat der Bundestag über einen neuen Vorstoß zu einer Änderung der Spenderegeln debattiert. Das Parlament befasste sich erstmals mit einem Gesetzentwurf einer fraktionsübergreifenden Abgeordnetengruppe, die die Widerspruchsregelung einführen will.

Damit würde jeder zunächst als Organspender gelten - außer, man widerspricht. Derzeit sind Organentnahmen hingegen nur mit ausdrücklicher Zustimmung zulässig. Im vergangenen Jahr gaben 965 Menschen nach dem Tod ein Organ oder mehrere Organe für andere frei, wie die koordinierende Deutsche Stiftung Organtransplantation ermittelte. Zugleich standen aber 8.400 Menschen auf Wartelisten. Organe wie Nieren, Lebern oder Herzen für schwer kranke Patienten und Patientinnen werden seit Jahren dringend benötigt. 

Die SPD-Abgeordnete Sabine Dittmar als Mit-Initiatorin des Antrags auf Einführung der Widerspruchslösung stellte klar, dass niemand gezwungen werde, Organspender zu sein. Er nur widersprechen. Angesichts dramatischer Zahlen auf der Warteliste sei es auch zumutbar, dass sich jeder einmal im Leben mit der Frage einer Spende befasse. Es brauche aber einen Paradigmenwechsel, damit todkranke Menschen eine Überlebenschance erhielten. Das Ergebnis bisheriger Anstrengungen sei ernüchternd.

Die SPD-Abgeordnete Martina Stamm-Fibich bekannte, im Jahr 2020 gegen eine Widerspruchslösung gestimmt zu haben, nun aber von der Widerspruchslösung überzeugt zu sein. Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann widerum nannte die Widerspruchslösung auch eine Frage der Solidarität. Mit Blick auf die Neuwahl des Bundestags am 23. Februar bat der CDU-Politiker den Bundestag, noch in dieser Wahlperiode zu entscheiden. Die Länderkammer hatte sich ebenfalls für eine Widerspruchslösung starkgemacht. Auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sprach sich als Abgeordneter für die Widerspruchsregelung aus. Sie sei "keine Garantie, dass die Situation sich verbessert", ohne sie sei ein Scheitern aber gesichert, so Lauterbach.

Hingegen warnte die FDP-Abgeordnete Kristine Lütke mit Blick auf die Widerspruchsregelung, dass eine staatliche Entscheidung die Grundrechte eines jeden einzelnen zutiefst berühre. Das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper - auch über den Tod hinaus - sei von zentraler Bedeutung. Es gebe noch viele mildere Mittel, um die Zahl der Organspenden zu erhöhen.

Martin Sichert (AfD) wandte sich gegen eine Perspektive, "dass der Körper jedes einzelnen nicht dem Individuum, sondern der Gesellschaft gehört". Er sprach in diesem Zusammenhang von "Volkskörper" und kritisierte, dass Kanzler Olaf Scholz (SPD) den Entwurf als Abgeordneter unterstützt. Es sei frappierend, wie sehr Scholz damit "Hitlers Politik nacheifert", fügte er hinzu. Über den Entwurf soll nun zunächst in Ausschüssen beraten werden.

Redaktion beck-aktuell, gk, 6. Dezember 2024 (dpa).