Schadensersatz: Baden-Württembergs Holzverkauf war kartellrechtswidrig

Das OLG Stuttgart hat einen Schadensersatzanspruch mehrerer Sägewerke dem Grunde nach bejaht, die vom Land Baden-Württemberg jahrelang Holz zu überteuerten Preisen gekauft hatten. Die Vereinbarungen waren kartellrechtswidrig, der Prozess könnte sich allerdings noch hinziehen.

Mit seiner Holzvermarktungspraxis zwischen 1978 und 2015 hat das Land Baden-Württemberg schuldhaft gegen das Kartellverbot aus Artikel 101 Abs. 1 AEUV verstoßen. Das hat der 2. Zivilsenat des OLG Stuttgart am Donnerstag entschieden und einen Anspruch auf Schadensersatz aus abgetretenem Recht von 36 Sägewerken bejaht (Urteil vom 15.08.2024 – 2 U 30/22). Die Höhe des Schadensersatzes muss nun das LG Stuttgart klären, insoweit hat das OLG zurückverwiesen.

Die Waldflächen in Baden-Württemberg gehören nur zu 24% dem Land, 38% gehören Kommunen und der Rest privaten Eigentümern. Trotzdem hatte die Forstverwaltung 37 Jahre lang das gesamte gerodete Holz zentral vermarktet. Mit den Kommunen und Eigentümern gab es entsprechende Vereinbarungen. Für die Sägewerke, die das Holz kauften, war das misslich, denn das Land machte bei seinen Angeboten keine Preisunterschiede zwischen eigenem Holz und dem der privaten Waldbesitzer. So mussten die Sägewerke sich den vom Land aufgerufenen Preisen unterwerfen.

Dass diese Praxis gegen Kartellrecht verstieß, hat nun das OLG bestätigt – jedenfalls soweit das Land Holzverkäufe für die Kommunen mit einer Waldfläche von mehr als 100 Hektar abgewickelt hat. Durch die Vereinbarungen über die gemeinschaftliche Vermarktung mit den kommunalen Waldbesitzern sei der Wettbewerb spürbar beeinträchtigt worden.

Etwas anderes gelte allerdings für die Vereinbarungen mit den privaten Waldbesitzern. Weil diese zur Vermarktung ihres Holzes auf das Land angewiesen waren, sah das OLG hier keinen Kartellrechtsverstoß.

Sägewerke hatten Ansprüche abgetreten

Das LG Stuttgart hatte die Klage noch abgewiesen. Die 36 Sägewerke hatten ihre Ansprüche an eine eigens für den Rechtsstreit gegründete GmbH abgetreten, die als Inkassodienstleisterin eingetragen war. Die Klage war zudem von einem US-Unternehmen finanziert worden.

Darin hatte das LG einen Verstoß gegen das RDG gesehen. Nach Ansicht der Kammer verfügte die GmbH nicht über die erforderliche Erlaubnis nach dem RDG. Das Sammelklage-Inkasso sei wegen Verstoßes gegen §§ 3, 2 Abs. 1 RDG in Verbindung mit §§ 10 Abs. 1, 2 Abs. 2, 11 Abs. 1 RDG unzulässig. Mit dem vorliegenden Abtretungsmodell und der Sammelklage erbringe die GmbH keine zulässige Inkassodienstleistung, so das LG. Vielmehr biete sie Rechtsdienstleistungen auf dem Gebiet des Kartellrechts an. Mit der Frage, ob das Land Baden-Württemberg gegen Kartellrecht verstoßen hat, hat sich das LG demnach gar nicht beschäftigt. Erst das OLG hat diese Frage behandelt. Einen Verstoß gegen das RDG hat es verneint.

Prozess wird sich hinziehen

Die Höhe des Schadensersatzes muss nun das LG klären. Die Sägewerke verlangen rund 270 Millionen Euro plus Zinsen in Höhe von 200 Millionen Euro. Das sogenannte Teilgrundurteil des OLG – mit dem besonders komplexe Verfahren vereinfacht und beschleunigt werden sollen – ist aber noch nicht rechtskräftig. Der 2. Zivilsenat hat die Revision zum BGH wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Das Betragsverfahren beim LG wird erst starten, wenn das Grundurteil rechtskräftig ist.

OLG Stuttgart, Urteil vom 15.08.2024 - 2 U 30/22

Redaktion beck-aktuell, dd, 16. August 2024.