Musterverfahren beendet: HRE-Anleger akzeptieren Vergleich

Jahrelang stritten die einstigen Aktionäre der Skandalbank Hypo Real Estate (HRE) um Entschädigung, nachdem diese wegen der globalen Finanzkrise 2010 verstaatlicht worden war. Am Montag akzeptierte die Mehrheit der noch übrig gebliebenen Kläger mit der HRE vor dem OLG München einen Vergleich.

Das OLG stellte nach über 13-jähriger Prozessdauer das Ende des Musterverfahrens nach dem KapMuG fest. Zuvor hatten 85% der 105 übrig gebliebenen Kläger dem Vergleich ausdrücklich zugestimmt (Beschluss vom 06.05.2024 - Kap 3/10).

Nach Angaben der Finanzagentur des Bundes bekommen die Kläger in den 93 Verfahren in Summe 2,3 Millionen Euro. Der Streitwert lag demnach bei 8,6 Millionen Euro, Prozesszinsen nicht eingerechnet. Laut Finanzagentur sind damit 99% der Klagen gegen die einstige Immobilienbank abgeschlossen.

Nunmehr sind laut Finanzagentur noch letzte Aktionärsklagen mit einem Streit von weniger als einer Million Euro übrig. Eine Bank ist die HRE schon seit der Verstaatlichung nicht mehr. Den gesunden Teil des Portfolios hatte der Bund der neu gegründeten Pfandbriefbank (pbb) übertragen, die faulen und riskanten Papiere übernahm die ebenfalls staatliche "Bad Bank" FSM Wertpapiermanagement. Letztere arbeitet bei der Verwertung der früheren HRE-Papiere sogar profitabel.

Der lange Weg zum HRE-Vergleich

Gegenstand des jetzt beendeten Musterverfahrens nach dem KapMuG waren Kapitalmarktmitteilungen der vormaligen Hypo Real Estate Holding AG (jetzt Hypo Real Estate Holding GmbH; HRE) in den Jahren 2007 und 2008 anlässlich der globalen Finanzkrise. Um der drohenden Pleite vorzubeugen, hatte der Bund den Bankenkonzern zunächst gestützt und später im Jahr 2009 über den Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS) ganz übernommen. Die Beinahe-Pleite der Hypo Real Estate kostete dem Bund laut Angaben aus dem Jahr 2019 rund 15 Milliarden Euro.

Vor dem LG München I wurden daraufhin gegen die HRE (und andere Beklagte) eine Vielzahl von Schadensersatzklagen erhoben, die sich darauf stützten, es seien Pflichten zur Information des Kapitalmarktes im Zeitraum vom 11. Juli 2007 bis 4. Oktober 2008 verletzt worden.

Das LG München I erließ im September 2010 einen Vorlagebeschluss und leitete das Musterverfahren vor dem OLG München ein, um nicht mehrere hundert Klagen einzeln entscheiden zu müssen. Das OLG erließ bereits im Dezember 2014 einen ersten Musterentscheid, in dem es teilweise Feststellungen zum Nachteil der HRE traf, teilweise die begehrten Feststellungen der Kläger zurückwies.

Einigung mit erstem Musterkläger bereits 2022

Gegen diese Entscheidung legten sowohl der frühere Musterkläger als auch die HRE Rechtsbeschwerde zum BGH ein. Dieser gab im Dezember 2020 den Rechtsmittel teilweise statt und verwies das Verfahren wegen weiterer noch zu treffender Feststellungen an das OLG München zurück.

Nach der Zurückverweisung schloss die HRE ab Mai 2022 mit dem früheren Musterkläger sowie mit zahlreichen weiteren Beigeladenen außergerichtliche Vergleiche, in deren Folge diese Kläger ihre Klagen zurücknahmen und aus dem Musterverfahren ausschieden.

Im Dezember 2023 wurde eine neue Musterklägerin bestellt. Diese und die HRE einigten sich am 06. Februar 2024 auf den aktuellen einen Mustervergleich. Das OLG München genehmigte den Vergleich im März 2024 und leitete das Zustimmungsverfahren nach dem KapMuG ein. Mit Beschluss vom Montag hat das OLG nun die Wirksamkeit des Vergleichs und das Ende des Musterverfahrens festgestellt.

Beim OLG München ist dies erst der zweite nach den Vorschriften des KapMuG geschlossene Vergleich. Auch bundesweit wurde dieser Weg kaum beschritten. Laut OLG hat das HRE-Verfahren gezeigt, dass die Regelungen des KapMuG für komplexe Verfahren, bei denen sich in einem lang gestreckten Zeitraum mit vielen Betroffenen unterschiedliche Haftungsfragen stellen, unzureichend sind. Derzeit wird das KapMuG grundlegend überarbeitet.

Redaktion beck-aktuell, gk, 8. Mai 2024 (ergänzt durch Material der dpa).