Gemeinsam am Berg, getrennt in den Rettungskosten

Eine Wanderin war mit einer Online-Bekanntschaft zu einer Bergtour im Karwendel aufgebrochen. Als sie per Hubschrauber gerettet werden musste, wollte sie die für den Einsatz gezahlten Kosten von ihrem bergerfahreneren Begleiter erstattet haben. Das OLG München sah dafür keine Grundlage.

Die beiden hatten sich schon ein paar Mal getroffen. Dann machten eine Ärztin, eine kaum erfahrene Wanderin, und ihre Online-Bekanntschaft, ein Hobby-Bergsteiger, im November eine gemeinsame Bergwanderung zur Rappenklammspitze im Karwendel. In einem Chat hatte der Mann zuvor gescherzt "Bekommst vollen Service :)" und auf die Frage der Frau, was "noch alles inklusive" sei, "Brotzeit, persönlicher Bergführer und diverse Überraschungen :)" geschrieben.

Als die Frau, die in Leggins und ohne warme Jacke wanderte, und ihr Begleiter am Fuß des Berggipfels ankamen, wollte sie wegen Schnee und Eis nicht mehr hinauf. Auf Vorschlag ihres Begleiters beschlossen beide, stattdessen eine Rundtour über den Wechselkopf zu machen, die der Mann auf seinem Handy herausgesucht hatte. Allerdings fanden die beiden den Weg nicht recht und als es bereits dunkel wurde und sie an eine Felswand kamen, die die Frau nicht hinabklettern wollte, riefen sie die Bergwacht. Die Tour endete für die Frau mit einer Unterkühlung.

Für die Rettung mit dem Hubschrauber fielen etwa 8.500 Euro an, die die Frau bezahlte. Diese Kosten wollte sie von ihrem Begleiter erstattet haben und verklagte ihn auf Schadensersatz. Sie machte geltend, ihr Begleiter habe als (faktischer) Bergführer seine Pflichten verletzt und hafte aufgrund eines Gefälligkeitsvertrags, jedenfalls aber aus Delikt.

Nur Gefälligkeit, eigenverantwortliches Handeln

Das LG München I wies die Klage ab. Es sah keinen Rechtsbindungswillen gegeben und damit keinen Gefälligkeitsvertrag, sondern nur eine Gefälligkeit. Denn bei einer rein privaten gemeinsamen Freizeitveranstaltung wie einer privaten gemeinsamen Bergtour stehe der soziale Kontakt im Vordergrund. Dass der Begleiter die Tour geplant habe, sei unter Freunden eine übliche Gefälligkeit des täglichen Lebens. Bei dem Chat der beiden vor der Bergtour habe es sich nur um einen Flirt gehandelt. Auch eine Haftung aus Delikt verneinte das LG und unterstrich dabei die Eigenverantwortung des Einzelnen.

Dass OLG München teilt die Auffassung des LG und wies auf die mangelnde Erfolgsaussicht der Berufung hin (Hinweisbeschluss vom 03.04.2024 - 17 U 4445/23 e). Das LG habe zu Recht nur eine Gefälligkeit angenommen. Der Begleiter hafte auch nicht deswegen aus Delikt, weil er die Tour nicht abgebrochen habe. Denn "auch nach der Entscheidung, statt des Gipfels der Rappenklammspitze einen Rundweg über den Wechselkopf zu wählen, handelte es sich auch zur Überzeugung des Senats um eine gemeinschaftliche Fortführung der Tour, ohne dass die Klägerin dabei ihre Eigenverantwortung aufgegeben hätte und der Beklagte willentlich Schutz- und Sorgfaltspflichten für die Klägerin übernommen habe". Auch hätten beide gemeinsam entschieden, die Rettung zu alarmieren und auf den Hubschrauber zu warten.

OLG München, Beschluss vom 03.04.2024 - 17 U 4445/23 e

Redaktion beck-aktuell, hs, 1. August 2024.