Wanderin bleibt auf Kosten für Helikoptereinsatz sitzen – Begleiter haftet nicht
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Eine rein private gemeinsame Freizeitveranstaltung wie eine gemeinsame Bergtour begründet laut LG München I keine vertragliche Haftung. Es hat deshalb am Dienstag die Klage einer Wanderin gegen ihren Begleiter auf Schadensersatz wegen eines Helikoptereinsatzes abgewiesen.

Die Frau, eine nicht sehr erfahrene Gelegenheitswanderin, und ihr Bekannter, der zwar Erfahrung als Bergsteiger mitbrachte, aber keine qualifizierte Alpinausbildung besaß, verabredeten sich im November 2021 zu einer gemeinsamen Bergtour. Ziel war die Besteigung der Rappenklammspitze im Karwendel. Weil die Frau unterhalb des Gipfels merkte, dass ihr das zu schwer ist, änderten die Wanderer gemeinsam den Plan. Sie wollten nun eine Rundtour um den Berg machen und später über einen anderen Weg ins Tal absteigen. Zur Navigation stand nur das Handy des Mannes zur Verfügung. Die Wegfindung gestaltete sich in der Folge jedoch zunehmend schwierig. Als es immer dunkler wurde und die Wanderer immer noch am Berg waren, alarmierten sie die Bergrettung.

Für den Helikoptereinsatz berechnete die Flugrettung der Wanderin rund 8.500 Euro. Die Frau zahlte, verklagte ihren Begleiter aber auf Erstattung. Er habe als faktischer Bergführer dafür Sorge tragen müssen, dass sie sich nicht unterkühle. Das sah das Landgericht München I (Urteil vom 24.10.2023 – 27 O 3674/23) anders und wies die Klage ab.

Klassische Gefahrengemeinschaft: Eigenverantwortung steht im Vordergrund

Es bestehe kein Gefälligkeitsvertrag. Der Begleiter hafte auch nicht wegen rechtswidriger Herbeiführung einer Unterkühlung. Im Vordergrund stehe hier der soziale Kontakt und nicht etwa der Wille der Beteiligten, sich rechtlich zu binden. Die Bereitschaft ihres Begleiters, die Tour zu planen, sei eine übliche Gefälligkeit des täglichen Lebens. Es habe sich um keine kommerziell geführte Tour gehandelt, sondern um einen Ausflug zweier befreundeter Personen.

Wie auch sonst im Leben sei hierbei zunächst von der Eigenverantwortung des Einzelnen auszugehen. Auch wenn einem Teilnehmer aufgrund seiner Erfahrung und seiner Leistungsfähigkeit von Anfang an oder in einer Notsituation auf natürliche Weise das Gesetz des Handelns zuwachse, entstehe daraus nicht ohne weiteres eine Partie, die einer geführten Gruppe gleichstehe. Es bleibe vielmehr bei einer klassischen Gefahrengemeinschaft, die eine Haftung des Begleiters ausschließe. Hierfür spreche auch, dass die Frau und ihr Begleiter die Entscheidungen am Berg gemeinsam getroffen hätten.

Auch der Umstand, dass sich der Mann in einem als Flirt gehaltenen Chat mit der Frau vorab als "Ihr persönlicher Bergführer" bezeichnet habe, ändere hieran nichts. Denn die Frau habe bereits unterhalb des Gipfels klargestellt, dass sie diesen nicht erklimmen wolle. Dies zeige, dass sie in der Lage war, ihre eigenen Fähigkeiten richtig einzuschätzen, dies gegenüber dem Begleiter zu artikulieren und eine gemeinsame Entscheidung hinsichtlich des weiteren Verlaufs der Tour herbeizuführen. Die beiden hätten auch gemeinsam entschieden, die Bergrettung zu rufen. Vor diesem Hintergrund verbleibe es bei der Eigenverantwortung der Frau für den Rettungseinsatz, so das LG abschließend.

LG München I, Urteil vom 24.10.2023 - 27 O 3674/23

Redaktion beck-aktuell, gk, 25. Oktober 2023.