Die 13 Ex-Aktionäre hatten das freiwillige Übernahmeangebot der Deutschen Bank vom Oktober 2010 angenommen und 25 Euro pro Aktie erhalten. Sie waren aber der Ansicht, dass die Bank ihnen zu wenig gezahlt hatte; sie hätten 57,25 Euro pro Aktie bekommen müssen. Denn die Deutsche Bank hätte bereits 2008 ein Übernahmeangebot machen müssen, weil sie schon damals die Kontrolle über die Postbank erlangt habe. Sie verlangten von der Deutschen Bank Zahlung der Differenz.
Im ersten Durchgang hatte das OLG Köln – anders als zuvor das LG Köln – zugunsten der Deutschen Bank entschieden. Nach Aufhebung des Urteils durch den BGH hat das OLG Köln nun erneut entschieden und den Klagen der 13 Ex-Aktionäre vollumfänglich stattgegeben (Urteil vom 23.10.2024 – 13 U 231/17). Auf der Grundlage rechtlicher Vorgaben des BGH sei es nun der Argumentation der Ex-Postbankaktionäre gefolgt, heißt es in der Pressemitteilung.
Deutsche Bank erlangte bereits 2008 Kontrolle
Laut OLG waren die wesentlichen Chancen und Risiken aus den ursprünglich zum Preis von 57,25 Euro gekauften Aktien im Umfang von 29,75% des Grundkapitals der Deutschen Bank bereits aufgrund des im September 2008 geschlossenen Kaufvertrags zuzuordnen. Die Deutsche Post habe diese Aktien seither "für Rechnung" der Deutschen Bank gehalten. Wegen der für diese Aktien getroffenen Festpreisabrede habe die Deutsche Bank schon vor dem Vollzugsdatum das Risiko von Kursänderungen getragen.
Garantien der Post für den Fall einer Insolvenz der Postbank stünden dem Übergang der wesentlichen Chancen und Risiken im Hinblick auf vereinbarte Haftungsgrenzen und wegen des gegenüber dem Kursrisiko vergleichsweise geringen Insolvenzrisikos der Postbank nicht entgegen. Aufgrund eines für Beschlussfassungen – unter anderem zu Dividendenausschüttungen der Postbank – vereinbarten Zustimmungsvorbehalts habe die Deutsche Bank zudem bereits aufgrund des Kaufvertrags die Möglichkeit gehabt, Einfluss auf die Stimmrechtsausübung zu nehmen, so das OLG.
Durch die ihr somit zuzurechnenden Aktien und den schon vorhandenen Handelsbestand habe die Deutsche Bank die Kontrollschwelle von 30% (§ 29 Abs. 2 WpÜG) erreicht. Laut OLG hatte die Deutsche Bank auch schon am 12. September 2008 Kenntnis von der Kontrollerlangung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 WpÜG: Die mit der Post für den Fall eines Kontrollerwerbs vorsorglich getroffenen vertraglichen Regelungen zeigten, dass die Deutsche Bank bei Vertragsabschluss mit der Möglichkeit gerechnet habe, dass die Vereinbarung von den zuständigen Gerichten als kontrollbegründend bewertet werden würde.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Die Deutsche Bank kann eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH einlegen.
Bank: Außergerichtliche Einigungen mit 70% der Kläger
In dem vom OLG jetzt entschiedenen Komplex gab es ursprünglich noch viel mehr Kläger. In zwei Vergleichen hatte sich die Deutsche Bank jedoch vor einigen Wochen nach eigenen Angaben mit insgesamt 70% der Kläger außergerichtlich einigen können. Dies habe 62% aller geltend gemachten Forderungen entsprochen. Die Kläger erhielten bei den Vergleichen einen Aufschlag von 31 bzw. 36,50 Euro je Aktie.
In einer mündlichen Verhandlung Ende April hatte das OLG Köln schon angedeutet, dass es zugunsten der Kläger entscheiden könnte. Die Deutsche Bank legte vorsorglich 1,3 Milliarden Euro zurück, was bei dem Dax-Konzern im zweiten Quartal für rote Zahlen sorgte. Nach den Einigungen konnte die Bank im dritten Quartal 440 Millionen Euro wieder auflösen, wie das Geldinstitut am Mittwoch mitteilte. Beim LG Köln sind laut Bank noch weitere Klagen in der Angelegenheit anhängig. Die dafür noch übrigen Rücklagen bezifferte die Bank auf knapp 550 Millionen Euro.
Die Deutsche Bank erklärte weiter, dass das Urteil keine Auswirkungen auf die zuvor erzielten Vergleichsvereinbarungen habe. Die Bank habe Rückstellungen gebildet, die die ausstehenden Forderungen der Kläger plus die aufgelaufenen Zinsen vollständig abdeckten, hieß es in einem Statement. "Damit sieht sich die Bank finanziell praktisch voll abgesichert." Zusätzliche Belastungen könnten lediglich durch weitere anfallende Zinsen in Höhe von derzeit circa zwei Millionen Euro pro Monat entstehen.