Unleserliches Datum auf Umschlag: Unwirksame Ersatzzustellung

Postzusteller müssen leserlich schreiben: Ist das auf dem Umschlag eines durch Einwurf in den Briefkasten zugestellten Schriftstücks vermerkte Datum nicht eindeutig erkennbar, führt dies laut OLG Koblenz zur Unwirksamkeit der Ersatzzustellung.

Ein Versicherter hatte im Streit über seine Berufsunfähigkeitsversicherung in erster Instanz durch Versäumnisurteil gewonnen. Das LG Trier versuchte das Urteil zunächst elektronisch zuzustellen, scheiterte aber daran, dass der Vertreter der Versicherung trotz mehrfacher Mahnung kein Empfangsbekenntnis abgab. Der nächste Versuch erfolgte dann per Brief. Der Postzusteller vermerkte auf dem im Briefkasten eingeworfenen Umschlag ein Datum. Wahlweise konnte man es als 12.12. oder 17.12. lesen. Die Assekuranz erhielt das Schreiben nach eigenen Angaben erst am 27.12. und legte am 2.1. Einspruch ein. Das LG Trier verwarf den Einspruch als unzulässig. Zustelldatum sei der 12.12. gewesen. Die bestehende Unklarheit hätte das Unternehmen entweder – durch Rückfrage bei Gericht – aufklären müssen oder, als sicherste Option, direkt vom früheren Zeitpunkt ausgehen müssen. Das OLG Koblenz hob diese Entscheidung auf (Urteil vom 13.12.2023, 10 U 472/23).

Auch nach genauer Betrachtung war den Richterinnen und Richtern unklar, ob auf dem Umschlag eine Zwei oder eine Sieben stand. Anders als das LG zogen sie daraus aber nicht den Schluss, dass die Empfängerin aus Sicherheitsgründen vom früheren Datum hätte ausgehen müssen. Unter Rückgriff auf eine Entscheidung des VIII. Zivilsenats des BGH, der eine Ersatzzustellung nach § 180 ZPO wegen eines fehlenden Datums für unwirksam erklärt hatte, gingen sie vielmehr auch für den Fall des unleserlichen Datums von einer gescheiterten Ersatzzustellung aus. Eine Pflicht zur Nachforschung bestehe nicht.

Das OLG Koblenz führte hierzu aus: "Da die Zustellungsverfahren grundsätzlich dazu dienen, als förmliche Verfahren für Rechtssicherheit zu sorgen und Daten nachweisen zu können, kann ein unleserliches Datum diesen Zweck ebenso wenig erfüllen wie ein gänzlich fehlendes Zustelldatum. Zudem ist den Vorschriften zur Zustellung mit PZU keine Nachforschungspflicht des Zustellungsempfängers wegen des Zugangs der Zustellung zu entnehmen." Damit war der tatsächliche Zugang am 27.12. nach § 189 ZPO maßgeblich.

OLG Koblenz, Urteil vom 13.12.2023 - 10 U 472/23

Redaktion beck-aktuell, Michael Dollmann, 11. Januar 2024.