Keine Beschwerde zur Erweiterung der Geheimhaltungsverpflichtung auf weitere Personen

Eine Beschwerde gegen die Geheimhaltungsanordnung eines Gerichts, die rügt, dass zusätzliche Personen verpflichtet werden müssten, ist laut OLG Karlsruhe nicht statthaft. Im Rahmen der Einführung von Commercial Courts könnte der Schutz von Geschäftsgeheimnissen künftig gestärkt werden.

In einem Klageverfahren um Prämienanpassungen bei einer Krankenversicherung nach dem VAG bestritt der Versicherungsnehmer die Wirksamkeit verschiedener Anpassungen und die ordnungsgemäße Durchführung des Prüfverfahrens nach § 155 Abs. 2 VAG. Deshalb forderte das Landgericht die Versicherung auf, die entsprechenden Unterlagen vorzulegen und bestimmte einen Verhandlungstermin zur Anordnung der Geheimhaltung der Dokumente. Zu diesem Termin kamen auf beiden Seiten bloß Terminsvertreter – nicht die Prozessbevollmächtigten – die nun verpflichtet wurden, den Inhalt und deren Erörterung geheim zu halten. Dagegen wandte sich die Versicherung: Sie forderte die Aufhebung der Geheimhaltungsanordnung, um anschließend den Kläger selbst und dessen Hauptbevollmächtigten ebenfalls verpflichten zu lassen.

Das OLG Karlsruhe hat das abgelehnt: Gegen das Absehen von der Anordnung der Geheimhaltungsverpflichtung nach § 174 Abs. 3 GVG gebe es kein Rechtsmittel. Nur die von der Anordnung betroffenen Personen könnten die Entscheidung anfechten.

Auch § 567 ZPO helfe der Versicherung nicht weiter. Denn sie sei durch die Geheimhaltungsverpflichtung nicht beschwert. Außerdem ist das Ziel der sofortigen Beschwerde laut OLG auch nicht die Befreiung ihres Terminsvertreters von der Verpflichtung, sondern vielmehr deren Erstreckung auf weitere Personen – auch wenn die Versicherung betont habe, sie wolle keine Erstreckung der Anordnung, sondern deren Aufhebung und anschließenden Neuerlass.

Justizstandortstärkungsgesetz: Zivilprozess für Wirtschaft attraktiver machen?

Die Geheimhaltungspflicht zum Geschäftsgeheimnisschutz ist auch Gegenstand des Gesetzentwurfs zum Justizstandortstärkungsgesetz: Hiernach sollen entsprechende Verfahrensregeln aus der Schiedsgerichtsbarkeit auf den gesamten Zivilprozess ausgeweitet werden. Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen würde dann bereits auf den Zeitpunkt der Klageerhebung vorverlegt und die als geheimhaltungsbedürftig eingestuften Informationen dürften außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens weder genutzt noch offengelegt werden. 

Damit solle zumindest zum Teil ein großer Vorzug der Schiedsverfahren für die Wirtschaft, die Möglichkeit der vertraulichen Verfahrensführung, auf staatliche Verfahren übertragen werden (vgl. Wolff, SchiedsVZ 2023, 209 (222)).

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31.08.2023 - 12 W 17/23

Redaktion beck-aktuell, rw, 22. September 2023.