Die Staatsanwaltschaft hat gegen sechs Personen – größtenteils Polizeibeamte – Anklage erhoben, weil diese in verschiedenen Chatgruppen (vorrangig in der Gruppe "Itiotentreff") Bild- und Videodateien mit verbotenen Inhalten verbreitet hätten. LG und OLG lehnten es ab, das Hauptverfahren zu eröffnen. Es bestehe kein hinreichender Tatverdacht im Hinblick auf die angeklagten Äußerungsdelikte.
Die Angeschuldigten hätten zwar in erheblichem Umfang teilweise nur schwer erträgliche menschenverachtende, rechtsextreme, gewaltverherrlichende, antisemitische, ableistische und rassistische Inhalte geteilt, so das OLG. Das begründe erhebliche Zweifel an der Verfassungstreue der im Polizeidienst tätigen Angeschuldigten und erfordere dienstrechtliche Konsequenzen.
Erforderliches "Verbreiten" nicht gegeben
Strafbar seien die von der Anklage beschriebenen Handlungen allerdings nicht (Beschluss vom 08.07.2024 – 1 Ws 171/23, 1 Ws 174-178/23, unanfechtbar). Das Tatbestandsmerkmal des "Verbreitens" sei nicht erfüllt. Ein solches sei weder in der Form der Mengen- noch der Kettenverbreitung erfolgt. Die Inhalte seien in private, geschlossene Chatgruppen mit überschaubarem Personenkreis (sechs bis acht Nutzer) eingestellt worden, deren Mitglieder miteinander teilweise sehr eng verbunden gewesen seien. In keinem Fall seien die von der Anklage erfassten Inhalte einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht worden, der nach Zahl und Individualität unbestimmt oder jedenfalls so groß gewesen sei, dass er für die Angeschuldigten nicht mehr kontrollierbar gewesen sei.
Bei der Weitergabe von Inhalten an einzelne bestimmte Personen sei eine Rechtsgutverletzung indes nur anzunehmen, wenn die "konkrete, durch tatsächliche Anhaltspunkte belegbare Gefahr vorliegt, dass der Inhalt an eine unbestimmte Anzahl von Personen weitergegeben wird und der Täter dies billigend in Kauf nimmt". Zwar könne eine WhatsApp-Nachricht leicht weitergeleitet werden. Allein dies reiche aber unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Anforderungen nicht aus, um ein "Verbreiten" beim Einstellen von inkriminierten Inhalten in eine WhatsApp-Gruppe anzunehmen. Die grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit fordere vielmehr konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Empfänger den Inhalt weitergebe und der Übergeber dies billigend in Kauf nehme.
Dafür fehlten hier konkrete Anhaltspunkte. Das OLG berücksichtigte dabei unter anderem, dass den Angeschuldigten bewusst gewesen sei, dass eine Weiterleitung insbesondere der nationalsozialistischen und ausländerfeindlichen Inhalte dienstrechtliche Konsequenzen hätte haben könne. Zweck der Gruppe sei es gewesen, durch Einstellen schockierender Inhalte zu "belustigen", so das OLG. Dies dränge sich bereits aufgrund des Namens "Itiotentreff" auf.