Mehr Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen? Bundesrechnungshof kritisiert Pläne

Der Bundesrechnungshof hat deutliche Kritik an der geplanten Reform der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen: Die verfassungsgerichtliche Zulässigkeit der staatlichen Fraktionsfinanzierung sei in Gefahr, die Pläne veränderten den Charakter der Fraktionen grundlegend.

Der Bund stellt den Fraktionen jährlich Geldleistungen (derzeit 140 Millionen Euro) und Sachleistungen zur Verfügung. Aus diesen Mitteln finanzieren sie auch ihre Öffentlichkeitsarbeit einschließlich ihrer Auftritte in den sozialen Medien. Der Bundesrechnungshof (BRH) hatte empfohlen, die gesetzlichen Regeln für die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen zu reformieren. Doch er sieht seine Empfehlungen nur teilweise umgesetzt.

Die Aufgaben der Fraktionen seien bislang nach innen – also in das Parlament hinein – gerichtet, erläutert der BRH in einem jetzt vorgelegten Sonderbericht. Dem folgend dürfe ihre Öffentlichkeitsarbeit nur über innerparlamentarische Tätigkeiten unterrichten.

Die Novelle sehe dagegen eine eigenständige und weite Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen vor. Dazu gehörten auch die Vermittlung allgemeiner politischer Standpunkte und der Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern. Künftig dürften Fraktionen nicht nur über ihr innerparlamentarisches Handeln informieren, sondern auch aktiv für ihre Politik werben. Der Gesetzentwurf erlaube ihnen dadurch, Haushaltsmittel des Bundes auch für solche werbenden Maßnahmen einzusetzen, die bisher den Parteien vorbehalten waren. Die Grenzen zwischen Fraktions- und Parteiarbeit verschwömmen, rügt er BRH.

Eine so weitgehende Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen, die nicht nur an der parlamentarischen Willensbildung, sondern auch an der außerparlamentarischen politischen Willensbildung des Volkes mitwirkt, sei verfassungsrechtlich riskant. Der BRH rät dem Gesetzgeber, die geplanten Änderungen unter diesem Aspekt noch einmal zu prüfen.

Kein wirksamer Rückforderungs- und Sanktionsmechanismus

Als problematisch erachtet der BRH auch, dass Regelverstöße von Fraktionen derzeit keine Konsequenzen hätten. Auch der vorliegende Gesetzentwurf beinhalte keinen wirksamen Rückforderungs- und Sanktionsmechanismus, um eine regelwidrige Verwendung von Fraktionsmitteln und Fehlanreize zu verhindern.

Dass zweckwidrig eingesetzte Mittel aus dem Bundeshaushalt zurückzuzahlen sein sollen, reiche als Sanktion nicht aus. Die Veröffentlichung einer regelwidrigen Verwendung von Fraktionsmitteln in einer Bundestags-Drucksache setze einen richtigen Anreiz. Für den BRH fehlen jedoch weiterhin zum Beispiel Löschungspflichten für Inhalte in den sozialen Medien, die über das Aufgabenspektrum der Fraktionen hinausgehen.

Der Gesetzgeber beabsichtige, künftig den Ältestenrat des Deutschen Bundestages eine regelwidrige Verwendung von Fraktionsmitteln feststellen zu lassen. Offen bleibe, nach welchen Kriterien er eine rechtswidrige Verwendung der Geld- und Sachleistungen festzustellen hätte. Ebenfalls offen bleibe, ob der Ältestenrat auch politische Erwägungen bei der Bewertung einer Maßnahme berücksichtigen können soll. Das stellt aus Sicht des BRH nicht sicher, dass wirksam sanktioniert wird. Die vorgesehene Einbeziehung des BRH könne diese Mängel nicht ausgleichen. Als externe Finanzkontrolle könne er keine exekutive Rolle einnehmen.

Im Zeitraum von sechs Wochen vor einer Bundestagswahl sollen nach dem Gesetzentwurf strengere Regeln für die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen gelten. Wollen Fraktionen künftig in diesem Zeitraum Öffentlichkeitsarbeit betreiben, braucht es dafür einen besonderen parlamentarischen Anlass. Dies hatte der BRH empfohlen: Die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktion werde dadurch klar von Parteiaufgaben im Wahlkampf abgegrenzt.

Redaktion beck-aktuell, bw, 5. September 2024.