NS-Raubkunst: Ansprüche sollen leichter durchgesetzt werden können

Wer einen Rechtsanspruch auf Herausgabe von Kulturgut hat, das NS-verfolgungsbedingt entzogen wurde, soll diesen künftig leichter durchsetzen können. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den das Bundesjustizministerium am Mittwoch veröffentlicht hat. Er sieht unter anderem einen Auskunftsanspruch vor.

"Hundertausende Kulturgüter sind in Nazi-Deutschland ihren Eigentümern unrechtmäßig entzogen worden. … Insbesondere Jüdinnen und Juden wurden so vielfach um ihren Besitz gebracht und ihrer Lebensgrundlage beraubt. Acht Jahrzehnte nach Ende der NS-Herrschaft befinden sich etliche der von den Nazis entzogenen Kulturgüter noch immer nicht in den Händen ihrer Eigentümer", erklärt Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). 

Um die Durchsetzung bestehender Herausgabeansprüche zu erleichtern, sieht der Gesetzentwurf, der eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umsetzt, laut Ministerium unter anderem einen Auskunftsanspruch im Kulturgutschutzgesetz (KGSG) vor. Der Anspruch richte sich gegen Personen, die Kulturgüter in Verkehr bringen, die ihren Eigentümern in der NS-Zeit verfolgungsbedingt entzogen worden sind. Diese müssten ihnen bekannte Namen und Anschriften von Einlieferern, Veräußerern, Erwerbern und Auftraggebern nennen sowie ihre Erkenntnisse zur Provenienz des Kulturguts mitteilen. So sollen die ursprünglichen Eigentümer oder ihre Rechtsnachfolger vor allem leichter prüfen können, ob ihnen weiter das Eigentum zusteht oder ob es inzwischen – etwa durch Ersitzung – auf eine andere Person übergegangen ist.  

Einrede der Verjährung wird beschränkt

Ferner solle die Einrede der Verjährung gegen einen Herausgabeanspruch eingeschränkt werden: Der Besitzer eines Kulturguts solle sich künftig nur noch dann darauf berufen können, wenn er den Besitz in gutem Glauben erworben hat. Erforderlich sei somit, dass ihm bei Erwerb des Besitzes an der Sache nicht bekannt war und es sich ihm auch nicht aufdrängen musste, dass der Veräußerer nicht Eigentümer der Sache war. Diese Einschränkung der Einrede der Verjährung solle auch dann gelten, wenn die Verjährungsfrist bereits abgelaufen ist. Die Regeln über die Ersitzung blieben unberührt, so das Justizministerium. 

Die erstinstanzliche gerichtliche Zuständigkeit für Ansprüche auf Herausgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut sowie für darauf bezogene Auskunftsansprüche soll nach dem Entwurf bei den Landgerichten konzentriert werden, um der Komplexität solcher Rechtssachen Rechnung zu tragen. Ferner solle es einen besonderen Gerichtsstand in Frankfurt a.M. für Herausgabe- und Auskunftsansprüche geben. Es könne somit auf jeden Fall auch in Frankfurt a.M. geklagt werden. Die Stadt sei gut zu erreichen, insbesondere auch für Klägerinnen und Kläger aus dem Ausland. 

Daneben sieht der Entwurf auch vor, ein Gesetz zur Rückzahlung von Rückerstattungsleistungen zu schaffen. Dieses solle regeln, dass rückerstattungsrechtlich geleistete Schadensersatz- oder sonstige Geldleistungen grundsätzlich zurückzuzahlen seien, wenn der Besitz des Vermögensgegenstandes oder ein Surrogat erlangt wird. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren NS-Geschädigten wegen Eigentums- oder Besitzentziehungen in vielen Fällen aufgrund des alliierten und des bundesdeutschen Rückerstattungsrechts Entschädigungen gewährt worden. 

Im März hatte sich der Kulturausschuss mit dem Thema "Restitution von NS-Raubkunst" befasst. Ein NS-Raubkunstgesetz, wie es unter anderem von der Jewish Claims Conference gefordert wird, stieß dort auf eine geteilte Meinung.

Redaktion beck-aktuell, hs, 17. April 2024.