Die Reform sieht in ihrer jüngsten Fassung harte Strafen bei Missachtung der islamischen Kleidungsregeln vor. Diese umfassen bei mehrfachen Verstößen etwa Geldbußen. In Extremfällen können sogar bis zu 15 Jahre Haft und umgerechnet mehr als 5.000 Euro Strafe verhängt werden. Ausländerinnen könnten des Landes verwiesen werden. Besonders hart sollen Prominente bei Verstößen bestraft werden. Hier sieht der Entwurf auch Berufsverbote von bis zu 15 Jahren vor. Die Justiz soll zudem ein Zehntel des Vermögens beschlagnahmen können. Während der jüngsten Protestwelle im Herbst hatten sich zahlreiche Filmschaffende mit der Frauenbewegung solidarisiert.
Irans Behörden wollen auch gegen Protest im Netz vorgehen und stellen die Online-Veröffentlichung von Fotos ohne Kopftuch unter Strafe. Dabei drohen Geldbußen und im Extremfall sogar Haftstrafen. Das Gesetzespaket sieht auch Umerziehungskurse und Ausreisesperren grundsätzlich als Strafen vor. Die Justiz droht auch, Einkaufspassagen, Restaurants oder Museen bei Verstößen zu schließen. Bei Beleidigung von verschleierten Frauen können demnach bis zu sechs Monate Haft und 74 Peitschenhiebe verhängt werden.
Als Beispiele "schlechter Kleidung" nennt das Gesetz für Frauen etwa kurzärmlige Hemden oder zerrissene Jeans, bei Männern Hosen mit kurzer Schrittlänge oder Tanktops. Das Gesetz verpflichtet mit detaillierten Anweisungen die Ministerien und Sicherheitsdienste mit Aufgaben zur Vollstreckung der islamischen Kleidungsregeln. Bürger und Polizisten sollen Verstöße einfach melden können.
Antwort auf Frauen-Proteste im Herbst 2022
In Irans Hauptstadt Teheran reagierten einige Frauen gleichgültig auf die Strafreform. "Das ist für mich nicht wichtig", sagte etwa eine junge Frau. Man könne ihnen nicht mehr vorschreiben, was sie zu tragen haben. Auch eine ältere Frau mit Kopftuch sah das neue Gesetz skeptisch. "Junge Leute sollten den Hidschab tragen, wenn sie es wollen, nicht durch den Zwang der Regierung."
Die Regierung hatte das Gesetzesvorhaben bereits vor einem Monat angeschoben. Mit einem politischen Trick billigte eine Kommission die Strafreform ohne Abstimmung im Plenum des Parlaments. Als letzter Schritt wird die Reform nun noch dem Wächterrat vorgelegt, einem Kontrollgremium, dem erzkonservative Geistliche angehören.
Die Strafreform ist eine Antwort der klerikalen und politischen Führung auf die von Frauen angeführten Proteste gegen die Islamische Republik im Herbst 2022. Am Samstag jährte sich erstmals der Tod der jungen iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini, der im vergangenen Jahr die landesweiten Aufstände entfacht hatte. Das Parlament hatte die Abstimmung zuletzt immer wieder aufgeschoben. Während im Land wieder Alltag eingekehrt ist, widersetzen sich zahlreiche Frauen in den Metropolen der Kopftuchpflicht – auch als Zeichen des stillen Protests. Hardliner hatten daher seit Monaten ein härteres Vorgehen gegen die zahlreichen Verstöße gefordert.
Auch Irans Oberster Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei, der in allen strategischen Belangen das letzte Wort hat, wurde für das neue Kopftuchgesetz konsultiert. Das Tragen eines Hidschabs sei eine religiöse Pflicht, bekräftigte der 84-Jährige. Gleichzeitig seien Frauen mit schlecht sitzenden Kopftüchern keine Gegnerinnen von Religion und Revolution, sagte das Staatsoberhaupt vor Kurzem. Die Kopftuchpflicht ist seit mehr als 40 Jahren Gesetz in dem Land mit inzwischen fast 90 Millionen Einwohnern. Die Pflicht gilt als eine der ideologischen Grundsäulen der Islamischen Republik.