Der Oberste Gerichtshof, der in seiner Mitteilung das Wort Streik nicht ausdrücklich verwendete, sondern von einer "Aussetzung der Arbeit" sprach, will nach eigenen Angaben in der kommenden Woche über das weitere Vorgehen beraten. Nur dringende Fälle würden behandelt. Die drei Richterinnen, die gegen die Maßnahme stimmten, sprachen von einem rechtswidrigen Streik.
Seit rund zwei Wochen streiken die rund 1.700 Bundesrichter und die Justizangestellten wegen der Reform, die eine Direktwahl der Richter durch das Volk vorsieht. Jura-Studierende nehmen an den Protesten ebenfalls teil. Zudem blockierten Demonstranten am Dienstag den Zugang zum Abgeordnetenhaus, wo die Beratungen über die umstrittene Reform beginnen sollten. Die Parlamentssitzung wurde in eine Sportstätte verlegt.
Sorgen um die Unabhängigkeit der Justiz
Die Gesetzesinitiative des linksgerichteten Präsidenten Andrés Manuel López Obrador sieht vor, alle Bundesrichterposten – auch jene am Obersten Gerichtshof – durch Wahlen neu zu besetzen. Der populistische Präsident wirft den Richtern vor, wirtschaftlichen und kriminellen Interessen zu dienen. Die Kritiker der Reform wittern hingegen einen Versuch der Regierung, die Posten mit linientreuen Richtern zu besetzen. In der Abgeordnetenkammer verfügt die Regierungspartei Morena über die für die Verfassungsänderung nötige Zweidrittel-Mehrheit. Im Senat fehlt ihr jetzt noch eine Stimme, nachdem zwei Oppositionspolitiker auf die Regierungsseite gewechselt sind.
Nach sechs Jahren Amtszeit ist López Obrador, der in Mexiko sehr beliebt ist, nur noch bis Ende des Monats Präsident. Seine treue Gefolgsfrau Claudia Sheinbaum wird seine Nachfolgerin. In Mexiko ist die Wiederwahl des Präsidenten verboten. Sheinbaum, die im Juni mit großem Vorsprung die Präsidentenwahl gewann, plant, die Politik ihres Ziehvaters weiterzuführen.