Mandatsgesellschaft: Anwaltskooperationen brauchen keine Zulassung mehr
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Seit 2022 müssen viele Sozietäten sich bei der Kammer zulassen. Seitdem verlangten manche Kammern eine Zulassung auch bei nur kurzzeitigen Zusammenschlüssen zur gemeinsamen Mandatsbearbeitung. Jetzt will der Gesetzgeber nur noch eine Anzeige haben – doch eine wichtige Konstellation bleibt außen vor.

Seit der großen BRAO-Reform, die im August 2022 in Kraft getreten ist, knüpft die Zulassung bei der Anwaltskammer nicht mehr nur an die einzelnen Berufsträger, sondern direkt an die Berufsausübungsgesellschaft an. Die Sozietät ist nun selbst Trägerin berufsrechtlicher Rechte und Pflichten. Im Grundsatz muss sie gemäß § 59f Abs. 1 Satz 1 BRAO von der Kammer zugelassen werden.

Wenn nun mehrere Sozietäten oder Anwälte gemeinsam ein Mandat bearbeiten, treten sie im Rechtsverkehr als (Außen-) GbR auf. Aber macht sie das zu einer (zulassungspflichtigen) Berufsausübungsgesellschaft?

Dass es tatsächlich keine gesonderte Zulassung braucht, um nur ein Mandat gemeinsam zu bearbeiten, will der Gesetzgeber offenbar jetzt klarstellen und damit die sogenannten Mandatsgesellschaften erstmals ausdrücklich in der BRAO regeln. Temporäre Kooperationen zwischen Berufsausübungsgesellschaften oder Anwälten sollen künftig ohne Zulassung möglich sein. Auch die Versicherungssumme wird sich zukünftig anders berechnen.

Kooperationen meist hochspezialisierter Kanzleien

Relevant werden die Mandatsgesellschaften häufig bei Mandaten, die von der öffentlichen Hand vergeben werden. Die Sozietäten – die meist hochspezialisiert sind – stehen vor dem Problem, dass sie nur einen Teil der Rechtsfragen kompetent beantworten können, weil sie etwa nur im Vergaberecht besonders qualifiziert sind.

Die Auftraggeber wollen das Mandat aber an einen einheitlichen Auftragnehmer vergeben und benötigen darüber hinaus noch Expertise in anderen Rechtsbereichen. Deshalb schließen die hochspezialisierten Sozietäten sich zusammen und bewerben sich gemeinsam um das Mandat – für manche Anwaltskammern eine Berufsausübungsgesellschaft im Sinne der BRAO.

"Nach der großen BRAO-Reform sahen einige, aber nicht alle, Rechtsanwaltskammern den Tatbestand des § 59b Abs. 1 S. 1 BRAO als erfüllt an und verlangten eine Zulassung der neu gebildeten Gesellschaft", erklärt Thomas Gasteyer, Vorsitzender des Berufsrechtsausschusses des DAV. So konnte es sein, dass Sozietätszusammenschlüsse sich in einem Kammerbezirk zulassen mussten, im nächsten jedoch nicht.

Erweiterte Berufspflichten erlauben Mandatsgesellschaft ohne Zulassung

Am 4. Juli 2024 passierte nun das Gesetz zur Regelung hybrider und virtueller Versammlungen in der Bundesnotarordnung, der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentanwaltsordnung und dem Steuerberatungsgesetz sowie zur Änderung weiterer Vorschriften des Rechts der rechtsberatenden Berufe den Bundestag.

Darin legt der Gesetzgeber fest, dass die Zulassungspflicht für Mandatsgesellschaften entfallen soll (§ 59f BRAO). Laut Gesetzesbegründung kann auf eine Zulassung verzichtet werden, weil die berufsrechtlichen Pflichten in diesem Fall auf die Gesellschafter erstreckt werden könnten und so auch eine Aufsicht durch die Kammer möglich sei. Kommt es also in der Mandatsgesellschaft zu Berufspflichtverstößen, so werden diese als Pflichtverletzungen der einzelnen Gesellschafter betrachtet.

Eine neue Vorschrift in § 59e BRAO weitet so künftig die Berufspflichten der beteiligten Sozietäten auch auf deren Mandatsgesellschaft aus. Voraussetzung hierfür ist laut Gesetzesbegründung eine zeitlich und inhaltlich begrenzte Zusammenarbeit. Außerdem gilt die Befreiung nur für solche Gesellschaften, deren Gesellschafter ihrerseits zugelassene Berufsausübungsgesellschaften oder Anwälte sind.

Sofort loslegen, weniger für die Versicherung zahlen

Die beteiligten Sozietäten müssen die Mandatsgesellschaft jetzt nur noch bei ihrer Kammer anzeigen (§ 59f Abs. 1 Satz 3 BRAO n.F.). Gasteyer hält die neue Regelung für eine Verbesserung: "Statt einer Doppelzulassung gibt es jetzt die Zulassung als Berufsausübungsgesellschaft und die Anzeige der Bildung der Mandatsgesellschaft. Die Anzeige hat aber keine konstitutive Wirkung, so dass man ab Bildung der Mandatsgesellschaft sofort an der Ausschreibung teilnehmen kann." Bisher seien die Anwaltssozietäten laut dem DAV-Ausschussvorsitzenden durch den Aufwand und das lange Zulassungsverfahren in manchen Kammern erheblich in ihrer Wettbewerbsfähigkeit beschränkt worden.

Auch bei der Versicherungssumme sieht das Gesetz Neuerungen vor. Seit der BRAO-Reform müssen grundsätzlich alle Berufsausübungsgesellschaften – unabhängig von ihrer Rechtsform – eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen, selbst wenn für sie keine Zulassungspflicht besteht (§ 59n Abs. 1 BRAO). Das gilt auch für die Mandatsgesellschaft.

Zukünftig wird sich die Berechnung der Jahreshöchstleistung bei Mandatsgesellschaften an der Zahl ihrer als Gesellschafter beteiligten Sozietäten oder Anwälte messen und nicht wie bisher an der Zahl aller Gesellschafter der beteiligten Sozietät (§ 59o Abs. 4 S. 3 BRAO n.F.). Dadurch wird die Versicherungssumme deutlich niedriger ausfallen.

Weiter keine Mandatsgesellschaft mit anderen Professionen

Es bleibt allerdings dabei, dass die zulassungsfreie gemeinsame Mandatsbearbeitung weiterhin Berufsausübungsgesellschaften nach der BRAO und Anwälten vorbehalten ist. Der Gesetzentwurf knüpft an die Überwachung durch die Kammer an: Nur wer ohnehin bei der Kammer zugelassen ist, kann Gesellschafter einer (zulassungsfreien) Mandatsgesellschaft werden.

Tatsächlich, so kritisierte etwa Rechtsanwalt Markus Hartung in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf, gebe es aber gerade ein Bedürfnis nach einer kurzzeitigen gemeinsamen Mandatsbearbeitung mit anderen Professionen. So könnte für ein Mandat etwa sowohl Rechtsrat auf dem Gebiet des Baurechts gefordert sein als auch die Expertise einer Bauingenieurin oder eines Sachverständigen. Nach dem Wortlaut des neuen Gesetzes können andere Professionen aber nur in sehr engen Grenzen Teil einer Mandatsgesellschaft werden - selbst dann, wenn es sich um freie Berufe handelt, mit denen Anwälte sich sogar in Sozietäten zusammentun können.

Seit der BRAO-Reform 2022 erlaubt § 59c BRAO schließlich die interprofessionelle Sozietät mit allen freien Berufen. Laut Thomas Gasteyer können solche interprofessionellen Sozietäten auch Teil einer Mandatsgesellschaft werden: "Der neue § 59f BRAO spricht von 'Berufsausübungsgesellschaften nach diesem Gesetz'. Da die interprofessionelle Sozietät dieses Kriterium erfüllt, sehe ich keine Hindernisse für sie, Teil einer Mandatsgesellschaft zu werden."

Darüber hinaus ist es aber nicht möglich, sich temporär interprofessionelle Expertise ins Boot zu holen, etwa indem man ein Sachverständigenbüro zur Mandatsbearbeitung als Gesellschafter in die Mandatsgesellschaft aufnimmt. Was der Gesetzgeber 2022 für die Sozietät – also den längerfristigen Zusammenschluss – erlaubt hat, bleibt für die nur kurzzeitige Zusammenarbeit ausgeschlossen. Wollen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte für nur ein Mandat interprofessionelle Expertise dazuholen, müssen sie diesen Auftrag also weiterhin selbst (unter-)vergeben, was zu Haftungs- und Versicherungsproblemen führen kann.

Das Gesetz muss noch durch den Bundesrat, als Einspruchsgesetz ist die Zustimmung der Länderkammer aber nicht erforderlich.

Redaktion beck-aktuell, Denise Dahmen, 18. Juli 2024.