Es sei zu befürchten, dass die Strafkammer schon jetzt ihre Meinung zur Tat- und Schuldfrage gebildet habe, obwohl die Beweisaufnahme noch laufe. So begründet die Staatsanwaltschaft ihre Befangenheitsanträge gegen drei Richter am LG Braunschweig, die aktuell im Vergewaltigungsprozess gegen Christian B. entscheiden. Ziel sei die "Neubesetzung mit unparteiischen Richterinnen und Richtern". Zudem beabsichtigt die Staatsanwaltschaft, Beschwerde gegen den Beschluss der Aufhebung des Haftbefehls gegen Christian B. einzulegen. Die Kammer hatte den dringenden Tatverdacht hinsichtlich sämtlicher Anklagevorwürfe verneint.
Wie das LG mitteilte, wird die zuständige Vertretungskammer bis zum nächsten Verhandlungstag am 5. August 2024 über die Frage der Befangenheit entscheiden, falls der Ablehnungsantrag als zulässig eingestuft wird.
Christian B. steht auch im Fall der 2007 aus einer portugiesischen Ferienanlage verschwundenen dreijährigen Madeleine "Maddie" McCann unter Mordverdacht. Der Fall Maddie ist aber nicht Gegenstand des aktuellen Verfahrens in Braunschweig. Hier muss sich B. wegen fünf schwerer Sexualstraftaten verantworten, die er in Portugal begangen haben soll. Es geht um drei Vergewaltigungen sowie zwei Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern zwischen 2000 und 2017.
Christan B. bleibt derweil in Haft. Er wurde – ebenfalls vom LG Braunschweig – wegen der Vergewaltigung einer US-Amerikanerin zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt. Kommt es zu einem weiteren Prozess gegen Christian B., dürften wichtige Zeugen auch im Fall Maddie vernommen werden. Ihre Glaubwürdigkeit steht deshalb schon jetzt im Fokus. Die Ermittlungen zum Verschwinden der dreijährigen Maddie dauern noch an.