Nach Auffassung der Jugendkammer hat der damals 20-Jährige Sebastian T. die junge Frau am frühen Morgen des 3. Oktober 2022 auf ihrem Heimweg von dem Club "Eiskeller" in Aschau im Chiemgau aus sexuellen Motiven verfolgt, von hinten angegriffen und dann schwer verletzt in den nahen Bärbach geworfen. Er wurde wegen gefährlicher Körperverletzung und Mordes verurteilt (Urteil vom 19.03.2024 - 2 Kls 402 Js 40276/22 jug.).
Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass Hanna Opfer eines Verbrechens wurde und auch "keinen Zweifel, dass der Angeklagte der Täter war". Die Vorsitzende Richterin Jacqueline Aßbichler sieht "einen Angriff auf Hanna", keinen Unfall. Die Version der Verteidigung, die junge Frau könne selbst gestürzt sein, verwarf das Gericht als abwegig und "lebensfremd": "Wer noch an einen Unfall glaubt, dem kann man - glaub ich - alles erzählen."
Laut Obduktion ertrank die 23-Jährige. Weil der Angeklagte zur Tatzeit noch 20 Jahre alt war und ihm Gutachter Reifeverzögerung attestierten, verhängte das Gericht eine Jugendstrafe. Die Staatsanwaltschaft hatte für den inzwischen 22 Jahre alten Angeklagten neuneinhalb Jahre Jugendstrafe wegen Mordes verlangt. Die Anklage sah nach rund einem halben Jahr Prozessdauer und mehr als 30 Verhandlungstagen die Schuld des Angeklagten vollumfänglich bestätigt.
Verteidigerin will vor den BGH ziehen
Die Anwälte des jungen Mannes hatten hingegen Freispruch gefordert. Sie sahen viele Widersprüche unter anderem in Aussagen wichtiger Zeuginnen und Zeugen - und halten die Schuld ihres Mandanten keineswegs für erwiesen. Nach ihrer Auffassung könnte Hanna, die bei ihrem Tod etwa zwei Promille Alkohol im Blut hatte, ohne fremdes Zutun in den Bach gestürzt sein. Verteidigerin Regina Rick kündigte unmittelbar nach dem Ende des Prozesses an, Revision einlegen zu wollen. Sie sprach von der "Verurteilung eines Unschuldigen sehenden Auges" und betonte: "Sowas kann der BGH nicht akzeptieren."
Aßbichler kritisierte die Verteidigung Ricks scharf. Sie warf ihr vor, sie trage das Verfahren "auf die Straße", verhalte sich "eines Organs der Rechtspflege unwürdig" und rügte vor allem, dass Rick mit ihrem prominenten Mandanten Manfred Genditzki, der 2023 nach 13 Jahren unschuldig in Haft freigesprochen worden war, im Traunsteiner Gericht aufgetaucht war. In seinem Fall hatte das Gericht in einem Wiederaufnahmeverfahren entschieden, dass die Frau, für deren angebliche Ermordung er in Haft saß, bei einem Unfall gestorben sei. "Das ist natürlich genau vergleichbar", sagte Rick, die im Lauf des Verfahrens einen Befangenheitsantrag gegen Aßbichler gestellt hatte wegen eines Mailwechsels zwischen der Richterin und der Staatsanwaltschaft. Diesen sieht Rick als Hauptgrund dafür, dass ihre Revision vor dem BGH Erfolg haben könnte.
Hannas Eltern nahmen als Nebenkläger an dem Prozess teil. Deren Anwalt hatte sich dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf eine Verurteilung des Angeklagten zu neuneinhalb Jahren Haft angeschlossen. Er sagte in seinem Plädoyer, für die Eltern stelle sich tausendfach die Frage: "Warum?" Diese Frage sei in dem Prozess bedauerlicherweise unbeantwortet geblieben.