Wirecard-Kronzeuge Bellenhaus aus U-Haft entlassen

Nach mehr als dreieinhalb Jahren in Untersuchungshaft ist der Kronzeuge im Wirecard-Prozess, Oliver Bellenhaus, wieder auf freiem Fuß. Das LG München I hat den Haftbefehl gegen den bis 2020 in Dubai für Wirecard tätigen Manager unter strengen Auflagen außer Vollzug gesetzt.

Der aus Hof in Oberfranken stammende Bellenhaus war im Sommer 2020 nach dem Kollaps des Dax-Konzerns nach Deutschland zurückgekehrt, um sich der Justiz zu stellen. Die Münchner Staatsanwaltschaft ließ ihn festnehmen. Seit Dezember 2022 steht Bellenhaus gemeinsam mit dem früheren Wirecard-Vorstandschef Markus Braun und dem früheren Chefbuchhalter vor Gericht, letzterer war schon vor Prozessbeginn auf freien Fuß gekommen.

Die Anklage wirft den drei Managern vor, gemeinsam mit mehreren weiteren Komplizen in einer kriminellen Betrügerbande Scheingeschäfte in Milliardenhöhe erfunden zu haben. Bellenhaus hat eingeräumt, Verträge, Dokumente und Geschäftszahlen gefälscht zu haben. Dabei beschuldigte er auch Ex-Vorstandschef Braun.

Nach vorläufiger Beurteilung der Sach- und Rechtslage unter Berücksichtigung der bisherigen Haftdauer, des Geständnisses und der Bemühungen um Schadenswiedergutmachung durch Bellenhaus war das LG München der Auffassung, dass die angeordneten Auflagen ausreichen, um die nach wie vor bestehende Verdunkelungs- und Fluchtgefahr so weit zu vermindern, dass Bellenhaus am Dienstag auf freien Fuß gesetzt werden konnte. Er muss nun unter anderem dem Gericht innerhalb einer Woche eine Meldebestätigung über einen Wohnsitz vorlegen und sämtliche Ausweisdokumente bei der Staatsanwaltschaft abgeben. Weiter hat die Kammer ihm verboten, Kontakt zu Mitangeklagten und potenziellen Zeugen aufzunehmen.

Damit verbleibt Braun als einziger der drei Angeklagten hinter Gittern, auch der Österreicher hat bereits dreieinhalb Jahre Untersuchungshaft hinter sich. Der einstige Börsenstar weist sämtliche Vorwürfe zurück, seine Anwälte werfen Bellenhaus Lügen vor. Brauns Verteidiger Alfred Dierlamm kritisierte die Freilassung ungewöhnlich scharf: "Ein schmutziger Deal hinter verschlossenen Türen", erklärte der Anwalt.

Redaktion beck-aktuell, ak, 6. Februar 2024 (ergänzt durch Material der dpa).