Betriebsschließungsversicherung muss nicht an Kita zahlen
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Heute hat das Landgericht München I vier Verfahren von Gaststätten, Hotels und einer Kindertagesstätte gegen ihre Betriebsschließungsversicherungen mündlich verhandelt. Es ging um die Grundsatzfrage, wann und unter welchen Voraussetzungen die Versicherungen für Schäden der coronabedingten Betriebsschließungen leisten müssen. Während die Klage der Kindertagesstätte nun abgewiesen wurde, können die Gastwirte hoffen.

Kein Geld für Kindertagesstätte

In dem Rechtsstreit einer Kindertagesstätte gegen eine Versicherung erging ein erstes Urteil der auf Versicherungsrecht spezialisierten 12. Zivilkammer des LG (Az. 12 O 7208/20). Die Klage der Kindertagesstätte wurde abgewiesen, da diese nicht vollständig, sondern nur bezüglich des regulären Betriebs geschlossen war, gleichzeitig aber eine Notbetreuung aufrechterhielt. Die einschlägigen Versicherungsbedingungen setzten für den Eintritt des Versicherungsfalls jedoch eine vollständige Betriebsschließung voraus. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. "Das Problem ist, dass die Betriebsschließungsversicherung nur eintrittspflichtig ist, wenn der Betrieb geschlossen ist, und das war hier nicht der Fall", begründete Richterin Susanne Laufenberg ihre Entscheidung.

Versicherungsrechtler: Betriebsbeschränkung und Betriebsschließung unterscheiden

Ähnlich erklärt den Ausgang auch Versicherungsrechtler Prof. Dirk-Carsten Günther: Wichtig sei, dass es zur Bejahung von Ansprüchen einer vollständigen Betriebsschließung bedürfe. Ob eine faktische Betriebsschließung genüge, habe das Gericht dabei ausdrücklich offengelassen. Es folge damit nicht ohne weiteres einer Entscheidung des LG Mannheim aus dem April, die gegen ein Hotel ergangen war. Es stelle hier vielmehr darauf ab, dass die behördliche Anordnung eben nur eine Betriebsbeschränkung und keine Betriebsschließung zum Gegenstand hatte.

Gericht macht Gastwirten vom Nockherberg Hoffnung

In den weiteren Verhandlungen zu den Klagen von Gastwirten und Hoteliers gab es noch keine Entscheidungen. Das Münchner Landgericht ließ in der Verhandlung der Klage der Wirte des Wirtshauses am Nockherberg gegen die Allianz aber durchblicken, dass die Betriebsschließungsversicherung der Allianz möglicherweise für die behördlich angeordnete Schließung von Gaststätten im Frühjahr zahlen muss, auch wenn der Covid-19-Erreger in den entsprechenden Policen nicht explizit genannt ist. "Wir sehen im vorliegenden Fall nichts, was dem Anspruch der Klägerin entgegen steht", sagte Laufenberg. Sie stellte allerdings weiter klar, dass jede Klage einzeln bewertet werden muss - Niederlagen der Allianz in einzelnen Verfahren würden nicht bedeuten, dass der Dax-Konzern in der Prozessserie grundsätzlich chancenlos wäre. In diesem Verfahren war für den 17.09.2020 eigentlich ebenfalls der Verkündungstermin anberaumt. Dieser wurde aufgrund neuen Sachvortrags der Parteien, der in eine Beweisaufnahme münden könnte, aufgehoben.

Allianz verweist auf Versicherungsbedingungen

Die Allianz argumentiert mit ihren Versicherungsbedingungen: Der Versicherungsschutz gelte nur für Krankheiten und Erreger, die im Vertrag ausdrücklich genannt sind. Darüber hinaus bestreiten die Allianz-Anwälte sowohl, dass die Corona-Zwangsschließungen des Frühjahrs rechtmäßig waren, als auch, dass es sich um eine behördliche Anordnung handelte. In einem im Juli verhandelten Fall hatte das Münchner Landgericht die nicht eindeutig formulierten Versicherungsbedingungen des Branchenprimus kritisiert. Denn die Allianz hat in den entsprechenden Verträgen zwar eine Liste von Krankheiten und Erregern festgelegt, für die der Versicherungsschutz gilt - nicht erwähnte Erreger aber nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Explizit ausgeschlossen sind in den Policen nur "Prionenerkrankungen", das sind die Rinderseuche BSE und verwandte Erreger. Gleichzeitig hat die Allianz laut Gericht die Liste der im Infektionsschutzgesetz genannten Erreger nicht vollständig übernommen. Das Gericht äußerte damals die Erwartung, dass Versicherungsbedingungen so klar formuliert sein sollten, dass sie für den Kunden verständlich sind.

Bundesweit zahlreiche Klagen anhängig

Bundesweit sind an den Gerichten derzeit hunderte Klagen von Gastronomen gegen Versicherer anhängig, die die Kosten der coronabedingten Zwangsschließungen im Frühjahr nicht bezahlen wollen. Allein in München sind es 72 Fälle. Schon in einem im Juli verhandelten Fall hatte das Münchner Landgericht die nicht eindeutig formulierten Versicherungsbedingungen des Dax-Konzerns kritisiert.

LG München I, Urteil vom 17.09.2020 - 12 O 7208/20

Redaktion beck-aktuell, 17. September 2020 (ergänzt durch Material der dpa).