Die Staatsanwaltschaft hatte den Mann beschuldigt, im Jahr 2020 mehrmals größere Mengen der Droge von Spanien über Frankreich in den Raum Mannheim geschmuggelt zu haben. Laut Staatsanwaltschaft geht es um einen Gesamtwert von rund 1,9 Millionen Euro. Auf den Mann aufmerksam geworden seien die Ermittler durch die Auswertung von verschlüsselten Chatnachrichten der Software EncroChat. In der Hauptverhandlung sah die Staatsanwaltschaft die Chatverläufe mit detaillierten Informationen zu den Lieferungen mittels Lastwagen als Hauptbeweismittel.
Der Vorsitzende Richter erklärte in der Urteilsbegründung am Freitag (Urteil vom 12.04.2024 – 5 KLs 804 Js 28622/21), dass sich die Kammer auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes vom März 2022 stütze. Demnach seien die verschlüsselten Chats nur unter bestimmten Voraussetzungen vor Gericht verwertbar. Diese seien an den Paragrafen der Strafprozessordnung zur Online-Durchsuchung gekoppelt und im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Hintergrund sei, dass Cannabis aufgrund des neuen Gesetzes, das Anfang April in Kraft getreten war, nun nicht mehr zu den Betäubungsmitteln zähle. Damit falle die Voraussetzung, nach der die Ermittler die Chats bisher nutzen durften, nun weg. Andere Voraussetzungen wie das Vorliegen von Bandenkriminalität träfen hier auch nicht zu. Die Nachrichten sind nach Auffassung des Gerichts daher nicht mehr verwertbar.
Hätte es sich um eine andere Droge gehandelt, so der Vorsitzende Richter, wäre das Urteil unter Umständen anders ausgefallen. Die Kammer sei nicht von der Unschuld des Mannes überzeugt. Aber ohne die EncroChats fehlten schlussendlich überzeugende Beweise. Das Landgericht ordnete eine finanzielle Entschädigung für den 36-Jährigen für die Zeit in Untersuchungshaft an. Die Kammer schloss sich damit den Forderungen der Verteidigung an. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von acht Jahren gefordert. Sie will laut einer Sprecherin in Revision gehen. Der BGH wird somit prüfen, ob das LG die Gesetzeslage korrekt interpretiert hat.