Transfrau siegt vorläufig gegen Reichelt-Portal Nius
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Das Online-Portal des Ex-Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt darf eine Transfrau nicht mehr als Mann bezeichnen, sagt das LG Frankfurt a. M. Das Gericht hatte zuletzt öfter mit derartigen Fällen zu tun.

Das LG Frankfurt am Main hatte es jüngst wieder einmal mit verbalen Angriffen aus dem Internet auf Transpersonen zu tun. Im Eilverfahren einer transidenten Frau gegen das Onlinemedium NiuS untersagte das Gericht dem von Ex-Bild-Chef Julian Reichelt gegründeten Medium, die Antragstellerin künftig weiter öffentlich als Mann zu bezeichnen sowie ihren Namen oder Fotos von ihr ohne Zustimmung zu veröffentlichen (Beschluss vom 18.07.2024 - 2-03 O 275/24).

Über die Frau wurde Ende Mai dieses Jahres in diversen Medien berichtet, da ein Frauenfitnessstudio ihren Mitgliedsantrag abgelehnt hatte, woraufhin sich die Antidiskriminierungsstelle des Bundes einschaltete. Nius griff die Geschichte seinerzeit auf und publizierte umfangreich zu dem Fall, wobei die Transfrau stets als Mann bezeichnet wurde. Das Portal veröffentlichte dabei auch den Klarnamen der Frau sowie Fotos, die zwar verpixelt waren, sie jedoch für mit ihr vertraute Personen ohne Weiteres erkennen ließen. 

Bezeichnung als Mann "Angriff auf die Menschenwürde"

Hiergegen ging die Betroffene gerichtlich vor und erreichte vor dem LG Frankfurt nun eine einstweilige Verfügung gegen das Portal. Das LG untersagte Nius die Bezeichnung als Mann, da dies das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragstellerin verletze. So habe sie glaubhaft gemacht, dass sie nach Beschluss des AG Nürnberg vom 9. August 2021 "dem weiblichen Geschlecht als zugehörig anzusehen ist", heißt es im Beschluss, der beck-aktuell vorliegt. Ihre Personenstandsänderung gehe auch aus ihrem Personalausweis hervor. Sie dennoch als Mann zu bezeichnen und im Zusammenhang mit ihr männliche Pronomen zu verwenden, sei unzulässig und stelle "einen Angriff auf ihre Menschenwürde dar". Dies gelte auch für die Bezeichnungen als "Herr Transfrau" und als "dieses Herrn in Damenkleidung", die auf Nius zu lesen waren. Das LG stellte unmissverständlich klar: "Diese Verletzungen sind zu unterlassen." 

Weiterhin habe die Frau ein Recht, anonym zu bleiben, weshalb auch die identifizierende Berichterstattung mittels Klarnamen unzulässig sei, ebenso die verwendeten Bilder. Zu diesen erklärte das Gericht , die vorgenommene Verpixelung reiche nicht aus, da die Antragstellerin – jedenfalls für ihren Freundes- und Bekanntenkreis – ohne Weiteres erkennbar sei. 

Nur Frauen als Mitglieder: zulässige Meinungsäußerung

Der Verfügungsantrag der von Dunkel Richter Rechtsanwältinnen vertretenen Transfrau hatte damit überwiegend Erfolg.* Soweit aber in den angegriffenen Artikeln die Meinung geäußert wurde, dass nur Frauen Mitglieder eines Frauenfitness-Studios sein sollten, deren Geburtseintrag weiblich sei, wurde der Antrag zurückgewiesen. Das Gericht betonte, eine öffentlich geführte Diskussion zu diesem Thema sei von Art. 5 GG geschützt. Nius dürfe sich dabei auch auf Geschlechtsmerkmale beziehen, solange man dabei nicht jemandem die Geschlechtsidentität abspreche.

Damit ließ das LG auch das in einem Artikel verwendete Wortspiel "Mit-Glied-Schaft" durchgehen, ebenso die Äußerung, dass die Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman jemanden darin unterstütze, "Zugang zu einem Frauen-Fitnessstudio in Erlangen und Frauenduschen" zu erhalten. Die Antragstellerin habe schließlich im Disput mit dem Fitnessstudio nach eigenem Bekunden selbst vorgeschlagen, "etwa nur mit Badehosen zu duschen", was die Nius-Äußerung zu einer wahren Tatsachenbehauptung mit wertenden Inhalten mache, die nicht untersagt werden könne.

Nius machte in dem Verfahren von seinem Recht zur Stellungnahme keinen Gebrauch und beauftragte auch niemanden mit seiner rechtlichen Vertretung. Ob das Portal gegen den Beschluss Rechtsmittel einlegt, ist bislang ebenfalls nicht bekannt.

Nius war in der Vergangenheit des Öfteren mit verbalen Attacken auf transsexuelle oder transidente Personen aufgefallen- Im Juli vergangenen Jahres war es ebenfalls das LG Frankfurt, das dem Reichelt-Medium verbot, eine transidente Frau als Mann zu bezeichnen. Und während es den Hashtag #DubistEinMann" noch als zulässige Meinungsäußerung einordnete, erklärte es die Äußerung eines Bloggers "Totalitär tickende Transe zieht den Schwanz ein" für unzulässig.

*Anm. d. Red.: In einer früheren Fassung des Artikels hieß es, der Antrag sei mithilfe der gemeinnützigen GmbH HateAid eingereicht worden. Diese stellte hier nur die Zustelladresse zur Verfügung (geändert am 22.08.2024, 12.03 Uhr).

LG Frankfurt a. M., Beschluss vom 18.07.2024 - 2-03 O 275/24

Redaktion beck-aktuell, mam, 21. August 2024.