"#DubistEinMann" ist zulässige Meinungsäußerung
In dem ersten Verfahren (Az. O 228/23) hatte die Antragstellerin, trans Frau und Aktivistin für trans Rechte, auf Twitter um Unterstützung für das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz geworben. Dazu veröffentlichte die Antragsgegnerin einen Kommentar mit dem Zusatz: "#DubistEinMann". Den hiergegen gerichteten Eilantrag hat die Pressekammer zurückgewiesen. Es handele sich um eine Meinungsäußerung, weil der wertende Charakter im Vordergrund stehe. Zwar mache der Kommentar eine ablehnende, polarisierende Haltung zum Einsatz für das Selbstbestimmungsgesetz und zur Transgeschlechtlichkeit im Allgemeinen deutlich. Der Hashtag beinhalte aber weder eine Schmähkritik noch eine Beleidigung.
Politische Debatte und Hashtag-Charakter zu berücksichtigen
Bei der Abwägung der Meinungsfreiheit der Nutzerin gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der Antragstellerin sei zu berücksichtigen, dass der Kommentar im Kontext der gesellschaftlichen Auseinandersetzung über den Entwurf für das Selbstbestimmungsgesetz erfolgt sei. Das Hashtag-Zeichen verdeutliche das, denn es werde auf Twitter verwendet, um unter einem Schlagwort Diskussionen zu eröffnen. "#DubistEinMann" sei auch bereits zuvor auf Twitter genutzt worden. Obwohl das Wort "du" die betroffenen transsexuellen Personen in besonders herausfordernder Form personalisiere, beziehe es sich hier nicht auf eine bestimmte, individuelle Person.
"Totalitär tickende Transe zieht den Schwanz ein" unzulässig
Eine im Personenstandsregister als "weiblich" eingetragene und seit 40 Jahren als Frau lebende Antragstellerin hat in zwei weiteren Verfahren Recht bekommen. Nach einem vorausgegangenen Streit um Unterlassungsansprüche wegen einer anderen Aussage hatte der Antragsgegner in dem einen Verfahren (Az. O 204/23) auf seinem Blog einen Artikel veröffentlicht mit der Überschrift "Versuchte Abmahnung gegen Ansage: Totalitär tickende Transe zieht den Schwanz ein." Dem Eilantrag auf Unterlassung dieser Äußerung hat die Pressekammer entsprochen. Ein dagegen gerichteter Widerspruch des Antragsgegners blieb ohne Erfolg. So sei zwar die Grenze der Schmähkritik noch nicht überschritten, eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Antragstellerin liege gleichwohl vor. Der Begriff "Transe" sei umgangssprachlich abwertend und kein bloßes – vermeintlich neutrales – Kurzwort für eine transsexuelle Person. Die herabwürdigende Intention der Äußerung werde durch das Attribut "totalitär tickend" verstärkt. Die Aussagekomponente "zieht den Schwanz ein" stelle außerdem unmissverständlich eine Assoziation zum männlichen Geschlechtsteil her und richte den Fokus auf die Frage seines (Nicht-)Vorhandenseins bei der Klägerin. Diese Hervorhebung habe keinen Sachbezug zu der vorangegangenen rechtlichen Auseinandersetzung zwischen den Parteien. Bei einer Gesamtwürdigung sei die Äußerung daher unzulässig.
Bezeichnung als "über 60-jähriger Mann" ebenfalls unzulässig
In dem dritten Verfahren (Az. O 149/23) ging es um einen Artikel, den der Antragsgegner auf seinem Onlineportal veröffentlicht und in dem er kritisiert hat, dass eine gemeinnützige Stiftung die Antragstellerin in einem Rechtsstreit gegen eine junge Biologin finanziell unterstützt hatte. Diese hatte geäußert, es gebe biologisch (nur) zwei Geschlechter. In dem Artikel wurde die Antragstellerin zunächst als "Transfrau" bezeichnet, später als "biologischer Mann" und schlussendlich als "über 60-jähriger Mann, der (…) maßgeblich an dem Frauenhass beteiligt ist", dem die Biologin seit Monaten ausgesetzt sei. Zwar ist laut der Pressekammer eine scharfe, aggressive Sprache sowie eine Kritik an der Antragstellerin und an der finanziellen Unterstützung durch die gemeinnützige Stiftung prinzipiell zulässig. Die hier angegriffene Äußerung "über 60-jähriger Mann" könne im Gesamtkontext aber nicht als bloße neutrale Feststellung des biologischen Geschlechts der Antragstellerin verstanden werden. Die Wortwahl sei vielmehr ein bewusstes Stilmittel, um einen plakativen Kontrast zu der jungen, weiblichen Biologin herzustellen und die klagende trans Frau als frauenhassenden Mann zu beschreiben, obwohl die Antragstellerin seit 40 Jahren erkennbar als Frau lebe. Im Gesamtkontext der getätigten Äußerung sei die Bezeichnung als "Mann" daher bewusst verunglimpfend und persönlichkeitsrechtsverletzend.