Das Landgericht Düsseldorf hat eine Krankenschwester wegen versuchten Totschlags an einem Covid-19-Patienten zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Außerdem verhängte es ein vierjähriges Berufsverbot gegen die 41-Jährige. "Sie ist davon ausgegangen, zum Wohl des Patienten zu handeln", sagte der Vorsitzende Richter Rainer Drees. Ihr Motiv sei Mitleid gewesen. Andererseits habe sie sich über die klare Weisung des Oberarztes hinweggesetzt.
Blutdruckmedikament halbiert
Die 41-Jährige hatte gestanden, die Dosis eines wichtigen Blutdruckmedikaments halbiert zu haben. Sie habe das Leiden des 52-jährigen Intensivpatienten verkürzen wollen. Der Patient war wenige Stunden später auf der Intensivstation eines Neusser Krankenhauses gestorben. Die Ärztinnen und Ärzte hätten mit dem baldigen Ableben des Patienten gerechnet, führte der Richter aus. Dessen Lunge sei schwer geschädigt gewesen, sein Kreislauf sei von Apparaten aufrechterhalten worden.
Krankenschwester wollte Leiden verkürzen
Weil nicht auszuschließen war, dass der schwerstkranke Mann auch ohne den eigenmächtigen Eingriff der Krankenpflegerin gestorben wäre, war der Frau nur versuchter Totschlag vorgeworfen worden. Mit dem Urteil entsprach das Gericht der Strafforderung der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung sprach sich ebenfalls für eine Bewährungsstrafe aus und verzichtete nach dem Urteil auf Rechtsmittel. "Man hat einen Eindruck bekommen, wie es auf den Intensivstationen zu Corona-Zeiten zugegangen ist", sagte einer der Verteidiger. "Von der Belastung können wir uns alle kein Bild machen." Inzwischen habe sich die Frau beruflich umorientiert und wolle in ihren alten Beruf nicht zurückkehren.
LG Düsseldorf, Urteil vom 14.09.2022
Redaktion beck-aktuell, 15. September 2022 (dpa).
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