Dieselskandal: Frühere VW-Manager zu Haftstrafen verurteilt
© Julian Stratenschulte / dpa Pool

Lässt sich die strafrechtliche Verantwortung für den Dieselskandal bei VW nach fast zehn Jahren noch klären? Ein Gericht in Braunschweig sieht persönliche Schuld bei vier früheren Führungskräften - aber nicht nur bei ihnen.

Einen ehemaligen Leiter der Dieselmotoren-Entwicklung bedachte die Wirtschaftsstrafkammer des LG Braunschweig mit viereinhalb Jahren Gefängnis, den früheren Leiter der Antriebselektronik mit zwei Jahren und sieben Monaten. Der ranghöchste Angeklagte, ein Ex-Entwicklungsvorstand der Marke Volkswagen, kam mit einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung davon. Und ein ehemaliger Abteilungsleiter wurde zu einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung verurteilt (Az.: 6 KLs 411 Js 49032/15 (23/19)).

Die Verantwortung für den Dieselskandal bei Volkswagen tragen nach Überzeugung des Gerichts aber nicht nur die vier Verurteilten. Die betroffenen Motoren seien von einer Vielzahl von Personen entwickelt worden, sagte der Vorsitzende Richter Christian Schütz. Nach Überzeugung der Wirtschaftsstrafkammer gebe es weitere Involvierte mit Schlüsselrollen, die teils gar nicht angeklagt seien.

Mit dem Urteil geht ein riesiges Verfahren nach fast vier Jahren zu Ende. Während die Angeklagten aus Sicht der Ermittler überführt sind, wehren sich die Männer und sehen sich als Bauernopfer. Die Staatsanwaltschaft hatte zwischen zwei und vier Jahren Gefängnis gefordert und hielt nur in einem Fall Bewährung für angebracht. Die Verteidigung dagegen plädierte auf drei Freisprüche und eine Verwarnung.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Verteidigung will Revision einlegen.* "Das Urteil ist falsch", sagte Rechtsanwalt Philipp Gehrmann nach der Urteilsverkündung. Besonders für seinen Angeklagten, den früheren Leiter der Antriebselektronik, sei die Kammer mit dem Strafmaß weit über das Ziel hinausgeschossen.

Weitere Verfahren im Dieselskandal

Direkt zu Beginn seiner Urteilsbegründung machte der Richter klar, dass er mit einigen Zeugenaussagen während des Prozesses überhaupt nicht einverstanden war. Zeugen hätten vorsätzlich unzutreffende oder ungenaue Angaben gemacht, da sie teilweise selbst Beteiligte seien.

Die juristische Aufarbeitung ist nach diesem Schuldspruch nicht beendet. In Braunschweig sind der Komplex gegen den früheren VW-Konzernchef Martin Winterkorn sowie vier weitere Strafverfahren gegen insgesamt 31 Angeklagte offen, wie ein Sprecher des LG sagte.

Ursprünglich geplant war, dass Winterkorn in dem jetzt beendeten Verfahren mit auf der Anklagebank sitzt. Sein Verfahrensteil wurde aber schon vor dem Auftakt im September 2021 aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt. Mittlerweile äußerte sich Winterkorn sowohl als Zeuge als auch als Angeklagter vor Gericht und wies dabei die Verantwortung für den Dieselskandal entschieden von sich.

Ein Unfall mit einem Klinikaufenthalt unterbrach den Prozess gegen den prominentesten Angeklagten. Ob und wann das Verfahren gegen den mittlerweile 78-Jährigen fortgesetzt werden kann, ist völlig offen.

(* Die Information, dass die Verteidigung Revision einlegen will, wurde nachgetragen. 26.05.2025, 15:50h, jvh)

LG Braunschweig, Urteil vom 26.05.2025 - 6 KLs 411 Js 49032/15 (23/19)

Redaktion beck-aktuell, bw, 26. Mai 2025 (dpa).

Mehr zum Thema