Bestellbutton-Entscheidung des EuGH als Nachteil für Mieter?

Weil ein Mietrechtsportal einen nicht den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Bestellbutton nutzte, hat eine Mieterin nun ihren Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Miete gegenüber der Vermieterin verloren. Das LG Berlin II erläutert, wie es dazu kommt und was die Mieterin nun machen kann.

Eine Berliner Mieterin war der Ansicht, dass ihre Vermieterin von ihr mehr Miete erhalten hatte als ihr nach der Mietpreisbremse zugestanden hätte. Sie forderte das Geld aber zunächst nicht selbst zurück, sondern beauftragte ein Mietrechtsportal. Der Vertragsabschluss im Internet mit dem Inkassounternehmen erfolgte über einen Bestellbutton, der keinen besonderen Hinweis auf eine Zahlungspflicht enthielt, obwohl das Unternehmen bei Erfolg eine Provision eingestrichen hätte. 

Nachdem das Unternehmen die nach § 556g Abs. 2 S. 1 BGB erforderliche Rüge gegenüber der Vermieterin ausgesprochen hatte, passierte nicht mehr viel: Die Vermieterin zahlte nicht. Schließlich klagte die Mieterin selber aus "rückabgetretenem Recht". Nach einem Teilerfolg der Mieterin beim AG ging die Vermieterin in Berufung.

Das LG Berlin II wies die Klage ab (Urteil vom 08.08.2024 – 67 S 92/24). Eine Rückzahlung scheitere schon daran, dass keine wirksame Rüge gegenüber der Vermieterin abgegeben worden sei. Die Mieterin hatte unstreitig selber keine Rüge abgegeben. Und die Rüge des Inkassodienstleisters sei zwar abgegeben worden, sie sei aber schwebend unwirksam.

Der Bestellbutton ist schuld

Schuld sei der Bestellbutton, der den strengen Anforderungen des Verbraucherschutzes nicht gerecht werde, weil er zwar einen "verbindlichen" Vertragsschluss, nicht aber einen mit einer Zahlungspflicht verbundenen Vertragsschluss erkennbar gemacht habe. Nach der Conny-Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 30.05.2024 - C-400/22) könne sich die Mieterin daher vom Vertrag wieder lösen, sie müsse es aber nicht, sondern könne den Vertrag auch bestätigen.

So lange weder das eine noch das andere geschehen sei, führt nach Ansicht des LG der von dem Inkassodienstleister zu verantwortende Verstoß gegen Verbraucherschutzrecht nach § 312j Abs. 4 BGB zur schwebenden Unwirksamkeit des Geschäftsbesorgungsvertrags. Dies führe wiederum zur schwebenden Unwirksamkeit der auf elektronischem Wege erteilten Vollmacht, die nicht geheilt worden sei. Eine Genehmigung durch die Mieterin wäre nach Ansicht der Kammer nur dann wirksam gewesen, wenn sie zuvor über die "Zahlungspflicht" aufgeklärt worden wäre, so dass sie eine "informierte Genehmigung" im Sinne der EuGH-Rechtsprechung hätte erteilen können. Ohne Vollmacht aber habe auch der Inkassodienstleister keine wirksame Rüge nach  § 556g Abs. 2 S. 1 BGB aussprechen können.

Da der Anspruch der Mieterin schon an der fehlenden Rüge scheiterte, kam es auf andere Aspekte wie die Frage, ob es wirklich eine "Rückabtretung" gegeben hatte, ob die Mietpreisbremse verfassungsgemäß ist und ob die Mieten überhaupt wirklich zu hoch waren, gar nicht mehr an.

Ausweg für die Mieterin

Die Kammer hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen. Damit wolle sie eine "Harmonisierung des bislang auf einer unionsrechtswidrigen Auslegung nationalen Verbraucherschutzrechts beruhenden Rechtsprechung des VIII. Zivilsenates des BGH mit der abweichenden und von der Kammer geteilten Rechtsprechung des EuGH ermöglichen".

In einem Leitsatz wies das LG Berlin II darauf hin, wie wohl aus seiner Sicht eine Lösung des Falls aussehen könnte: "Gestaltet der Unternehmer den Bestellvorgang im elektronischen Rechtsverkehr unter Verstoß gegen § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB, haftet er dem Verbraucher für alle aus der schwebenden Unwirksamkeit des Vertragsschlusses erwachsenden Schäden."

LG Berlin II, Urteil vom 08.08.2024 - 67 S 92/24

Redaktion beck-aktuell, ns, 29. August 2024.