Ausländische Fluggesellschaft: Stationierungsort BER ist betriebsratsfähig

Eine Fluggesellschaft mit Sitz im europäischen Ausland kann nicht verhindern, dass bei ihr ein Betriebsrat gebildet wird, wenn sie in Deutschland einen Stationierungsort unterhält – denn dieser sei eine betriebsratsfähige Organisationseinheit, so das LAG Berlin-Brandenburg.

Das LAG erteilte damit dem Begehren einer Airline mit Sitz in Malta und Konzernzentrale in Irland eine Absage, die unter maltesischer Fluglizenz Flüge von und zu Flughäfen in europäischen Staaten durchführt und unter anderem am Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) einen Stationierungsort unterhält.

Die Fluggesellschaft lenkt unter Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel sämtliche dem BER als Heimatbasis zugeordnete Cockpit- und Kabinenbeschäftigte in personellen und sozialen Angelegenheiten sowie disziplinarisch von Malta und Irland aus. Am BER sind ein Base Captain für die Beschäftigten im Cockpit und eine Base Supervisorin für die Kabinenbeschäftigten tätig. Diese fungieren als lokale Ansprechpartner – und zwar sowohl für Flugaufsichtsbehörden und Flughafenbetreiber als auch für die am BER Beschäftigten der Airline.

Am Stationierungsort BER existiert bisher weder ein Betriebsrat noch eine durch Tarifvertrag gebildete Personalvertretung. Allerdings wurde im März 2023 und Februar 2024 zur Vorbereitung einer Betriebsratswahl ein Wahlvorstand gewählt, nachdem die Airline zuvor mit einem hiergegen gerichteten Eilantrag vor dem LAG gescheitert war. Die Fluggesellschaft möchte nun festgestellt wissen, dass der Stationierungsort BER keine betriebsratsfähige Organisation im Sinne des BetrVG darstellt.

Arbeitsgerichte bejahen betriebsratsfähigen Betriebsteil

Das ArbG Cottbus hatte die Anträge der Fluggesellschaft zurückgewiesen. Es ist von der Betriebsratsfähigkeit des Stationierungsorts BER und von der Wirksamkeit der Wahlen ausgegangen. Das LAG hat diese Entscheidung bestätigt (Beschluss vom 15.10.2024 – 11 TaBV 295/24).

Den Stationierungsort BER wertet es als Betriebsteil im Sinn des BetrVG. Mit den von Base Captain und Base Supervisorin ausgeübten Tätigkeiten werde ein Mindestmaß an organisatorischer Selbstständigkeit gewahrt. Es liege in deren pflichtgemäßem Ermessen, Beschäftigte auf Verstöße hinzuweisen oder diesbezügliche Informationen an Konzernzentrale oder Personalabteilung weiterzuleiten. Faktisch handele es sich um Weisungen mit dem Ziel, ein Fehlverhalten von Beschäftigten abzustellen. Damit liege ein qualifizierter Betriebsteil im Sinne des BetrVG vor, in dem ein Betriebsrat gewählt werden könne.

Einen im Inland gelegenen Hauptbetrieb hält das LAG insoweit für nicht zwingend erforderlich. Jedenfalls sei die Regelung zur Betriebsratsfähigkeit von Betriebsteilen bei Fluggesellschaften mit Sitz und Hauptbetrieb im Ausland entsprechend anzuwenden. Dies folge aus der gesetzgeberischen Entscheidung von 2018, wonach bei Fluggesellschaften Betriebsräte gewählt werden könnten, sofern kein Tarifvertrag zur Bildung von Personalvertretungen zustande kommt.

Wahlvorstand-Wahlen unwirksam

Erfolgreich war die Beschwerde der Airline, soweit sie die Unwirksamkeit der Wahl mehrerer Mitglieder und Ersatzmitglieder des Wahlvorstands geltend gemacht hatte. Bei der Wahl im März 2023 sei bei einzelnen Gewählten die erforderliche Mehrheit der Stimmen nicht erzielt worden. Die Wahl von Februar 2024 hält das LAG wegen des gewählten Wahlortes für unwirksam, nämlich 25 km entfernt vom BER in den Räumen der Gewerkschaft. Die Richter und Richterinnen halten es für nicht ausgeschlossen, dass Wahlberechtigte aufgrund dieser Entfernung von einer Wahlteilnahme absahen. Beide Wahlen seien zwar nicht nichtig, aber anfechtbar und damit unwirksam.

Das LAG hat für die Fluggesellschaft und für den Wahlvorstand die Revision zum BAG wegen grundsätzlicher Bedeutung der maßgeblichen Rechtsfragen zugelassen.

LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.10.2024 - 11 TaBV 295/24

Redaktion beck-aktuell, bw, 24. Januar 2025.