Kritik aus der Anwaltschaft an DAV-Stellungnahme zu coronabedingten Anpassungen im Arbeitsrecht

Fast 350 Anwälte haben eine Gegenstellungnahme unterzeichnet, die kritisch auf die Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins zu der Notwendigkeit, die Handlungsfähigkeit der Betriebspartner in der aktuellen Krise zu gewährleisten (Nr. 18/2020) reagiert und den DAV auffordert, diese Stellungnahme zurückzuziehen. Denn sie sei durch die einseitige Verfolgung von Arbeitgeberinteressen geprägt und schwäche die Rechte der Beschäftigten bei einer Umsetzung erheblich.

Kritik: Stellungnahme spiegelt Interessen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht ausgewogen wider

Die Abgabe einer solchen Stellungnahme sei, so die Unterzeichner weiter, für einen Verein, in dem sich Anwältinnen und Anwälte zusammengeschlossen haben, die sowohl Arbeitgeber als auch Beschäftigte vertreten, völlig unangemessen. Statt die gewachsene Zusammenarbeit der unterschiedliche Interessen vertretenden Kolleginnen und Kollegen im DAV in Zeiten der Krise zu stärken, werde der fachliche Zusammenhalt durch kurzfristig durchgedrückte Mehrheitsentscheidungen in den berufenen Ausschüssen nachhaltig gefährdet. Der DAV werde daher von den Unterzeichnern mit Nachdruck aufgefordert, die Stellungnahme 18/2020 zurückzuziehen.

Vorschläge dienen weit überwiegend Arbeitgeberinteressen

In der Stellungnahme 18/2020 würden eine Reihe von Änderungen des Betriebsverfassungsgesetzes, aber auch Änderungen des Arbeitszeitgesetzes, des AÜG und des SGB III gefordert. Während der Vorschlag zur Beschlussfassung der Arbeitnehmerinteressenvertretungen "im Umlaufverfahren" noch als Versuch eines Beitrags zur Gewährleistung der Handlungsfähigkeit der Betriebsparteien gewertet werden könne, hätten alle anderen Vorschläge eine Schwächung der kollektiven Interessenvertretung, der Privatautonomie der Beschäftigten und der sie schützenden Gesetze zum Gegenstand und dienten allein der Verwirklichung von Arbeitgeberinteressen.

Keine Stärkung der Rechte von Beschäftigten in der Corona-Krise vorgesehen

Eine Stärkung der Rechte von Beschäftigten, die in der Covid19-Pandemie aus Schutzgründen dringend geboten wäre (wie etwa Leistungsverweigerungsrechte bei fehlenden/unzureichenden Schutzmaßnahmen gegen Infektionen am Arbeitsplatz), finde sich in der Stellungnahme ebenso wenig wie eine auch nur annähernd nachvollziehbare Erklärung der beträchtlichen Einschränkungen der bestehenden Mitbestimmungsrechte und Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Beschäftigte und Interessenvertretungen haben starken Anteil an Krisenbewältigung

Die einseitige Verfolgung von Arbeitgeberinteressen durch den DAV, die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht und deren Ausschüsse, werde von den Unterzeichnern der Gegenstellungnahme auf das Schärfste abgelehnt. Sie sei nicht zuletzt deshalb besonders empörend, weil die Beschäftigten und ihre Interessenvertretungen in diesen Zeiten der Krise maßgeblich dazu beitrügen, dass diese im Zusammenwirken der Betriebsparteien bewältigt werden kann.

Redaktion beck-aktuell, 3. April 2020.