Es war wie immer in Haushaltsdebatten im Bundestag: Alle reden über das, was sie schon immer mal besprechen wollten, und nur am Rande geht es ums Geld. Das ist vielleicht etwas überspitzt, trifft aber in besonderem Maße auf den Etat des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), wie es seit dieser Legislaturperiode wieder heißt, zu. Denn der Justizetat ist kein Investitions- oder Förderhaushalt, in dem gezielt neue Projekte angeschoben werden können; er bietet, wie es der CDU-Abgeordnete Uwe Feiler formulierte, "wenig Spielraum für politische Schwerpunktsetzung".
Das liegt zum einen daran, dass sich auf den Justizetat im Wesentlichen alle einigen können. Niemand möchte den Gerichten das ohnehin knappe Personal kürzen oder die Digitalisierung stoppen. Dass das niemand will, hängt – abgesehen von inhaltlichen Erwägungen – auch damit zusammen, dass durch Kürzungen ohnehin nicht viel zu holen wäre. Denn die Justiz bildet traditionell den kleinsten Posten im Bundeshaushalt, so auch in diesem Jahr. Der Einzelplan 07 des Bundeshaushalts 2025, den der Bundestag am Donnerstag verabschiedete, umfasst Ausgaben von 1,16 Milliarden Euro – nur geringfügig mehr als im Vorjahr (1,03 Milliarden Euro).
Alle wollen eine starke Justiz
Und weil es über das Geld nicht viel zu reden gab, redeten die Abgeordneten dann viel über andere Themen, die auch mit der Justiz zu tun haben. So etwa Mirco Hanker von der AfD, der die Förderung "ideologischer Projekte" wie der Organisation HateAid kritisierte, ebenso wie vermeintliche Fehlurteile deutscher Gerichte und fehlenden Opferschutz bei Gewalttaten. Damit stimmte er vordergründig sogar mit Svenja Schulze von der SPD überein, die häusliche Gewalt gegen Frauen thematisierte und betonte, der Rechtsstaat sei "kein abstraktes Konstrukt, sondern etwas, das schützt".
Julia Schneider (Grüne) sprach über Desinformationskampagnen, die der Demokratie schaden könnten, wie es im Fall der verhinderten Verfassungsrichterin Frauke Brosius-Gersdorf geschehen sei. "Der Justizetat mag der kleinste sein, aber er kommt mit riesiger Verantwortung", so Schneider.
Ja, der Rechtsstaat und eine Stärkung der Justiz sind essenziell für eine funktionierende Demokratie, das bekundeten am Donnerstag alle Rednerinnen und Redner unisono. Und die Regierungsfraktionen betonten die große Bedeutung des neuen Paktes für den Rechtsstaat, mit dem man diesen nun stärken wolle – in drei Säulen, wie SPD-Rechtspolitikerin Sonja Eichwede ausführte: eine Reform der Verfahrensordnungen, mehr Digitalisierung und weiteres Personal. Auch ihre Kollegin aus der Union, Susanne Hierl, betonte: "Wir setzen klare Schwerpunkte: 100 Millionen Euro für die Digitalisierung der Justiz, mehr Stellen für Gerichte und Staatsanwaltschaften, Mittel für die Modernisierung der IT-Sicherheit".
Justizetat hat mit Pakt für den Rechtsstaat wenig zu tun
Was dabei ein wenig in Vergessenheit geriet: Die von Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) zugesagte fast halbe Milliarde Euro für die Justiz fand sich in diesem Haushalt nicht wieder – kein Bruchteil davon, keine einzige Million, nichts. Denn der Etat des BMJV hat mit der Ausstattung der Justiz in der Fläche, die in der Hand der Länder liegt, herzlich wenig zu tun. Finanziert werden aus dem Bundeshaushalt vor allem Bundesgerichte, das BVerfG und nachgeordnete Justizbehörden wie das Bundesamt für Justiz. Doch die Bundesgerichte sind es gerade nicht, die besondere finanzielle und personelle Unterstützung bräuchten, sondern vielmehr die überlasteten Gerichte der Länder. Insofern legte die Grünen-Abgeordnete Schneider den Finger in die Wunde, als sie anmahnte: "Der Einzelplan leistet einen wichtigen Beitrag, aber es muss auch die Chance des Sondervermögens genutzt werden." Dieses dürfe nicht zum "Verschiebebahnhof" werden, um Gelder in Klientelpolitik zu lenken, sondern müsse "diese wichtige Infrastruktur" in Zukunft mitfinanzieren.
Wo aber ist denn nun das Geld für die viel besprochene Stärkung der Justiz in der Fläche? Auf Anfrage von beck-aktuell teilte das BMJV mit: "In diesem Bundeshaushalt sind noch keine spezifischen Mittel für den neuen Pakt für den Rechtsstaat vorgesehen. Ab 2027 sollen für die Digitalsäule des Pakts für den Rechtsstaat aus dem Sondervermögen Infrastruktur Mittel zur Verfügung gestellt werden. Zu diesem Zweck wird im Bundeshaushalt 2026 nach dem Regierungsentwurf eine entsprechende Verpflichtungsermächtigung veranschlagt. Dies erfolgt ebenfalls im Sondervermögen und nicht im Justizhaushalt." Die Mittel für die personelle Stärkung der Justiz sollten "über eine Anpassung der vertikalen Umsatzsteuerverteilung nach dem Finanzausgleichsgesetz erfolgen", heißt es in der Mitteilung. Der Justizhaushalt sei daher hiervon nicht betroffen.
Bund und Länder "in Gesprächen" über Mittelverwendung
Alle sprechen von mehr Geld für die Justiz, doch erhalten soll sie das frühestens 2027? Nicht ganz, für das dringend benötigte IT-Update läuft schließlich bereits eine Digitalisierungsinitiative, für die der Bund in den Jahren 2025 und 2026 bis zu 100 Millionen Euro bereitstellt, wie das BMJV erläuterte.
Wenn das meiste Geld auch erst 2027 kommt, so ist es doch besser, als wenn es gar nicht käme. Aber aus der Vergangenheit weiß man: Wo der Bund den Ländern Geld gibt, kann es schnell knirschen und viel könnte am Ende liegen bleiben. Daher die Frage: Wie stimmen sich Bund und Länder über die Verwendung der Mittel ab? Über die Einzelheiten sei man mit den Ländern "in Gesprächen", teilt das BMJV mit. "Die Mittel sollen, wie aktuell in der Digitalisierungsinitiative für die Justiz, für konkrete Digitalisierungsvorhaben des Bundes und der Länder im Rahmen der Möglichkeiten des Art. 91c GG eingesetzt werden." Dieser betrifft die Zusammenarbeit von Bund und Ländern bei informationstechnischen Systemen.
Ein weiteres Problem: Allein mehr Geld schafft noch nicht mehr Personal, denn etwaige Stellen in der Justiz müssen auch mit qualifizierten Leuten besetzt werden. Wie man die Justiz zu einem attraktiveren Arbeitgeber macht, kam in der Debatte jedoch nur am Rande vor: Bessere Digitalisierung entlaste auch die Beschäftigten in der Justiz, wurde mehrfach betont. Das ist nicht falsch, doch ob das Problem dadurch gelöst wird, darf man zumindest bezweifeln. Auch hier wären sich wohl alle einig.


