Juristische Organisationen verurteilen rechtsextremistischen "Masterplan"
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© Rainer Keuenhof / picture alliance

"Mehr als nur eine schauerliche Vision" – das sehen juristische Organisationen in dem, was radikale Rechte im November auf ihrem Treffen nahe Potsdam entworfen haben. In seltener Einigkeit positionieren die wichtigen juristischen Berufsorganisationen sich gemeinsam deutlich.  

Was das Medienhaus Correctiv am vergangenen Mittwoch über die bei einem Treffen radikaler Rechter im November geäußerten Pläne berichtete, sei ein Angriff auf die Verfassung und den liberalen Rechtsstaat. Die massenhafte Deportation von Menschen aus Deutschland dürfe nie wieder Realität werden. 

Laut Correctiv hatten an dem Treffen in einer Potsdamer Villa auch einzelne AfD-Funktionäre sowie einzelne Mitglieder der CDU und der selbsternannten Werteunion teilgenommen. Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, bestätigte zwischenzeitlich gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, dass er dort über "Remigration" gesprochen hatte. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – auch unter Zwang. Laut Correctiv-Recherche nannte Sellner drei Zielgruppen: Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht – und "nicht assimilierte Staatsbürger".

"Keine zweite Wannseekonferenz"

Die gesetzliche Legitimation solcher Phantasien müsse mit allen juristischen und politischen Mitteln verhindert werden, so die juristischen Organisationen in einer gemeinsamen Presseerklärung am heutigen Montag. Das Treffen dürfe sich in der Rückschau nicht als "zweite Wannseekonferenz" entpuppen. Die Liste der unterzeichnenden Organisationen ist lang: Unterschrieben haben die Bundes­rechts­an­walts­kammer (BRAK), der Deutsche Anwalt­verein (DAV), der Deutsche Juristin­nenbund, der Deutsche Richterbund, die Neue Richter­ver­ei­nigung, der Republi­ka­nische Anwältinnen- und Anwälte­verein und die Vereinigung Berliner Strafver­teidiger*innen.

Swen Walentowski, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer und Leiter Politische Kommunikation und Medien beim DAV, betonte gegenüber beck-aktuell, dass die gesamte Zivilgesellschaft gefordert sei, sich entschlossen gegen solche Ideen zu stellen. Von den Phantasien wären weite Teile der Bevölkerung und eben auch viele Angehörige der Rechtspflege betroffen. "Es ist von Bedeutung, dass alle Organisationen sich schnell angeschlossen haben – und zwar mehrere Repräsentanten derselben Berufsgruppe: ein starkes Zeichen der Rechtspflege", so der Rechtsanwalt. Die Geschäftsführerin und Pressesprecherin der BRAK, Rechtsanwältin Stephanie Beyrich, begrüßte das gemeinsame "starke Statement" der juristischen Organisationen unter anderem auf LinkedIn und sagte gegenüber beck-aktuell: "Wir leben in einem Rechtsstaat, doch Freiheit und Demokratie sind keine Selbstverständlichkeit. Jeder kann - und muss - etwas tun, wir dürfen nicht wegsehen und nicht schweigen."

Am Sonntag demonstrierten in Berlin, Potsdam und anderen Städten Zehntausende gegen rechts. Allein in Berlin versammelten sich nach Angaben von Polizei und Veranstaltern 25.000 Menschen am Brandenburger Tor. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die beide ihren Wahlkreis in Potsdam haben, beteiligten sich an der Demonstration in der brandenburgischen Landeshauptstadt. Dort kamen laut dem Initiator, Oberbürgermeister Mike Schubert, 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zusammen. Das Vernetzungstreffen der Rechten befeuert auch die Debatte über den Umgang mit der AfD.

Redaktion beck-aktuell, bw, 15. Januar 2024 (ergänzt durch Material der dpa).