Juristische Ausbildung: Jurios verkündet die Top 3 der "Hall of Shame"

Das Online-Portal Jurios hat seine Abstimmung zur "Hall of Shame" der juristischen Ausbildung beendet. Den ersten Platz belegt der FAZ-Artikel zum “Loser-Bachelor”, dicht gefolgt von der Tatsache, dass es keine blinde Zweitkorrektur im Examen gibt. Auch Platz drei betraf einen der Aufreger der vergangenen Monate. 

Gesucht wurden für das Voting Beispiele für missratene Reformen, miese Gesetzesänderungen, unfaire Prüfungsbedingungen und "fails" der Landesjustizprüfungsämter aus den vergangenen drei Jahren, die per Mail eingereicht werden konnten. Knapp 1.000 Jurios-Leser und -Leserinnen stimmten nach Angaben des Portals über die Shortlist der Top 10 ab.

Das am Mittwoch verkündete Ergebnis war denkbar knapp: Mit 20,44% der Stimmen ging der Negativ-Preis an den im Juni 2022 in der FAZ erschienenen und branchenweit vielkritisierten Artikel der Juraprofessorin Tiziana Chiusi, in dem sie den integrierten Bachelor pauschal als "Loser-Bachelor" bezeichnet. Auch nach Ansicht von Jurios werden damit alle betroffenen Jurastudierenden diskreditiert. Chiusi begehe gleich mehrere Denkfehler. Denn es gehe überhaupt nicht darum, die beiden Staatsexamina abzuschaffen und durch einen "schwächeren" Abschluss zu ersetzen. Für die Befähigung zum Richteramt sollten laut Jurios auch weiterhin zwei Staatsexamina mit gleichbleibenden Anforderungen erforderlich sein. Lediglich diejenigen, die das erste Staatsexamen nicht bestehen, hätten dann immerhin einen Bachelor of Laws als Abschluss. Chiusis Behauptung, der integrierte Bachelor senke die Qualität deutscher Juristen und Juristinnen, sei damit schlicht falsch, kritisiert Jurios.

Fehlende Zweitkorrektur: Ein "kleiner Skandal"

Die Tatsache, dass weder im ersten noch im zweiten Staatsexamen eine blinde/verdeckte Zweitkorrektur stattfinde, landete mit 19,89% auf Platz zwei. Dies führe dazu, dass sich die Zweitkorrektoren und Zweitkorrektorinnen meistens dem Erstvotum anschließen würden. Dass bei einer so wichtigen Prüfung wie dem Staatsexamen, von der die gesamte berufliche Zukunft abhänge, keine blinde/verdeckte Zweitkorrektur stattfinde, hält Jurios für einen "kleinen Skandal".

Nach einer Entscheidung der Justizministerkonferenz im Mai 2022 sollen in allen Bundeländern die zwei Ruhetage (zusätzlich zum Wochenende) zwischen den Examensklausuren entfallen. Für diesen "fail" in der Juristenausbildung stimmten 19,62%, er schaffte es damit auf Platz drei .

Redaktion beck-aktuell, Esther Wiemann, 1. November 2023.