Die Innenministerkonferenz (IMK) bittet den Bund, Abschiebungen auch nach Syrien und Afghanistan für schwere Straftäter und Gefährder zu ermöglichen. "Gefährder" sind Menschen, denen die Polizei schwere staatsgefährdende Straftaten bis hin zu Terroranschlägen zutraut. Solche Abschiebungen – etwa in Kooperation mit Nachbarstaaten der Herkunftsländer – seien zwar sehr aufwendig, sollten aber dennoch versucht werden, hieß es aus dem Kreis der Minister.
Sie sprachen sich zudem dafür aus, das Aufenthaltsgesetz so zu ändern, dass "Ausweisungen von an gewalttätigen Auseinandersetzungen beteiligten Personen" erleichtert werden. Der entsprechende Paragraf des Gesetzes sieht ein besonderes Ausweisungsinteresse bei bestimmten Straftaten vor, etwa solchen, die sich gegen die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richten. Die Innenminister würden hier gerne unter anderem auch Landfriedensbruch und Volksverhetzung aufnehmen.
Nach einigen Vorfällen, bei denen radikale Klimaschutz-Demonstranten und ein Kindesentführer auf Außengelände von Flughäfen eindrangen, wollen die Innenminister die bundesweiten Sicherheitsvorkehrungen erhöhen, wie Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) sagte. Dafür seien die Betreiber der Flughäfen verantwortlich. Auch eine härtere Bestrafung der Täter sei nötig. Strafrechtlich gehe es bisher oft nur um Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung. Eine Unterbrechung des Flugverkehrs müsse aber strafrechtlich härter bewertet und geahndet werden.
Kritik an den Plänen zur Legalisierung von Cannabis
Zufrieden zeigten sich die Ministerinnen und Minister der Länder über die Ankündigung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die Mitte Oktober begonnenen stationären Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz noch bis mindestens Mitte Februar fortzusetzen. Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) kritisierte die Entscheidung der Bundesregierung, lediglich Moldau und Georgien zur Liste der sogenannten sicheren Herkunftsländer hinzuzufügen. Sie sagte, es sei folgerichtig, "dass die Innenministerkonferenz bekräftigt hat, auch Armenien, Indien und die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsstaaten einzustufen". Die Liste der sicheren Herkunftsstaaten müsse deutlich erweitert werden – damit würde auch ein Signal ausgesendet, damit sich jemand "ohne wirklichen Schutzgrund gar nicht erst auf den Weg macht".
Die Innenminister sind gegen die Legalisierungspläne der Ampel-Regierung für Cannabis und haben diese aufgefordert, davon Abstand zu nehmen. "Es ist allen bewusst, dass die Legalisierung von Cannabis deutliche Auswirkungen auf die Sicherheit in unserem Land hat, die von der Bundesregierung weitestgehend ignoriert werden", kritisierte Hessens Innenminister, Peter Beuth (CDU). Die Ampel-Koalitionsfraktionen haben sich auf Details eines Gesetzentwurfes verständigt. Cannabis soll demnach im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen gestrichen werden. Eigenanbau und Besitz bestimmter Mengen der Droge sollen für Volljährige ab April 2024 erlaubt sein. Drei Monate später sollen außerdem Clubs zum gemeinsamen Anbau möglich werden.
Straftätern soll nach dem Willen der IMK deutlich leichter als bisher Vermögen, das durch Kriminalität erlangt wurde, entzogen werden können. Das betonte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) auch mit Blick auf ein jüngstes Gerichtsurteil, in dem die Beschlagnahmung von Immobilien eines Clan-Mitglieds abgelehnt wurde, weil die Richter nicht genug Beweise sahen. Nötig sei eine Beweislastumkehr wie in Italien, bekräftigte Spranger. Im Verdachtsfall müsse der Besitzer nachweisen, woher sein Geld stamme. Nur so könnten kriminelle Strukturen auf Dauer geschwächt werden. Gefängnisstrafen blieben oft wirkungslos und gälten bei manchen Kriminellen sogar als Auszeichnung. "Das was wir haben, reicht nicht aus."
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) nahm als Gast an der Konferenz teil. Er sprach mit den früheren Amtskollegen darüber, wie der Schutz der Zivilbevölkerung im Spannungs- oder Kriegsfall sichergestellt werden kann. Darüber, dass es hier Lücken gibt, waren sich alle einig. Uneinigkeit gibt es zwischen Bund und Ländern über die Finanzierung. Anders als beim Katastrophenschutz, der Aufgabe der Länder ist, ist hier der Bund gefordert.
Antisemitismus und Existenzrecht Israels
Wegen des Terrorangriffs auf Israel regte die IMK an, die öffentliche Leugnung und Verneinung des Existenzrechts Israels unter Strafe zu stellen. Man bitte die Bundesinnenministerin zu prüfen, ob das Strafrecht entsprechend angepasst werden müsse, sagte Spranger. Dabei geht es um Parolen gegen Israel, die bei Demonstrationen palästinensischer Gruppen schon seit vielen Jahren skandiert werden. Die Innenminister unterstützen das Vorhaben der Bundesregierung, Ausländer "mit antisemitischer, rassistischer oder sonstiger menschenverachtender Einstellung" nicht als Deutsche einzubürgern. Tests zur Einbürgerung sollten mit Fragen zur besonderen Verantwortung für jüdisches Leben in Deutschland und zum Existenzrecht Israels ergänzt werden.
Innen-Staatsekretär Hans-Georg Engelke betonte: "Wir haben eine verschärfte Bedrohungslage insbesondere durch den islamistischen Terrorismus. Wir sehen im dschihadistischen Spektrum durchaus verstärkt Aufrufe zu Attentaten." Zudem sei auch die Gefahr weiterer Emotionalisierung und Radikalisierung sehr hoch. Daher behalte man die Szene sehr eng im Griff und tue alles, um weitere Radikalisierung zu stoppen. So habe das Bundeskriminalamt seit dem 7. Oktober mehr als 200 Kanäle und Inhalte allein im Telegram-Chatkanal Telegram löschen lassen und mehr als 1.500 Forderungen zum Löschen an andere Anbieter gerichtet.
Die IMK bittet zudem um "die Prüfung rechtlicher Möglichkeiten", dass Menschen mit mehreren Staatsangehörigkeiten, die wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung oder wegen einer sonstigen schweren staatsgefährdenden Straftat verurteilt werden, ihre deutsche Staatsangehörigkeit verlieren.