Bei der Juristischen Direktorin Susann Lange ist das Gericht der Ansicht, dass der 2020 geschlossene Dienstvertrag aufgrund der Regelungen zum nachvertraglichen Ruhegeld nichtig sei. Ihr hätten auf dessen Grundlage nach Gerichtsangaben bis zum Eintritt ins Rentenalter ein Ruhegeld von mehr als 1,8 Millionen Euro zugestanden, ohne dass sie dafür eine Leistung hätte erbringen müssen. Das Gericht sah darin ein "grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung". Als öffentlich-rechtlicher Sender sei der RBB gehalten, "zurückhaltend zu agieren", betonte Richter Coenen. Im vorliegenden Fall seien die "Grundsätze der Sparsamkeit nicht gewahrt".
Unabhängig von diesem Vertrag sah das Gericht aber auch die fristlose Kündigung der Direktorin im Dezember 2022 wegen Pflichtverletzungen als gerechtfertigt an. So habe sie sich unter anderem eine Zulage für den ARD-Vorsitz gewähren lassen. In einem anderen Fall soll sie es unterlassen haben, rechtliche Bedenken gegen den Abschluss eines für den RBB sehr teuren Vertrags geäußert zu haben.
Mit einer Widerklage forderte der RBB Schadensersatz von der Ex-Direktorin, die nicht selbst vor Gericht erschien. Damit hatte der Sender nur teilweise Erfolg: Lange soll nach dem Urteil 8.500 Euro nebst Zinsen von der ARD-Zulage zurückzahlen für die Zeit vom Juli bis November 2021, weil der RBB zu diesem Zeitpunkt den Vorsitz noch gar nicht inne hatte.
Bereits dritte gescheiterte Klage von RBB-Führungskräften
Anfang des Monats hatte bereits eine andere Kammer des Gerichts die Klage des früheren Verwaltungsdirektors Hagen Brandstäter im Wesentlichen abgewiesen. Nach Angaben einer Gerichtssprecherin hat er noch Zeit zu entscheiden, ob er dagegen in Berufung geht. Die frühere Leiterin der Intendanzabteilung, Verena Formen-Mohr, hat dies getan. Sie war im April mit einer Klage gegen ihre außerordentliche Kündigung gescheitert. Ein Termin für die Berufungsverhandlung steht nach Angaben der Gerichtssprecherin noch nicht fest.
Der öffentlich-rechtliche ARD-Sender Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) stürzte im Sommer 2022 in eine tiefe Krise. Im Zentrum der Vorwürfe der Vetternwirtschaft und der Verschwendung stehen die fristlos entlassene Intendantin Patricia Schlesinger und der zurückgetretene Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf. Beide wiesen die Vorwürfe zurück. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt noch. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt die Unschuldsvermutung. Schlesinger zog ihrerseits vor das Landgericht und klagte auf Ruhegeld gegen den RBB. Ein Verhandlungstermin steht noch nicht fest.
In der Krise kam auch Kritik an einem undurchsichtigen Boni-System für Führungskräfte auf. Zudem wurde nach und nach bekannt, dass RBB-Führungskräfte Extrageld wegen der temporären Zusatzaufgabe des Führens des ARD-Vorsitzes bekamen – was eine ungewöhnliche Praxis in der ARD darstellte. In der Krise wurden zu unterschiedlichen Zeitpunkten fast alle – nämlich drei von vier – Direktoren sowie die Leiterin der Intendanzabteilung entlassen. Sie alle zogen vor das Arbeitsgericht.