Für ein Parteiverbot nach Art. 21 GG müsste der AfD nachgewiesen werden, dass sie die grundlegenden Prinzipien des Rechtsstaates und der Demokratie angreift, und zwar in einer aggressiv-kämpferischen Art, etwa in Form eines mehr oder weniger gewaltsamen Umsturzes. Zudem müsste die Partei von ihrem Gewicht her in der Lage sein, grundlegende Werteentscheidungen der Verfassung zu beseitigen.
Auch wenn die AfD nach Einschätzung Papiers im Gegensatz zur NPD dieses Gewicht hätte, sieht er einen Verbotsantrag kritisch. Man sollte ihn nur dann stellen, "wenn man hinreichende Informationen hat, um alle die genannten Punkte wirklich zu belegen und man mit großer Wahrscheinlichkeit von einem Erfolg ausgehen kann", sagte Papier. "Nach meinem Informationsstand halte ich einen Verbotsantrag derzeit für falsch", fügte er hinzu. Der heute 80-Jährige stand dem BVerfG von 2002 bis 2010 vor. Statt eines Verbotsverfahrens sieht Papier die gemäßigten Volksparteien der demokratischen Mitte in der Pflicht. Sie müssten Wähler zurückgewinnen.
Aufflammen der Debatte wegen Treffens rechter Aktivisten und Extremisten
Für ein AfD-Verbot spricht sich zum Beispiel die Arbeitsgemeinschaft für Migration und Vielfalt in der SPD aus. Aziz Bozkurt, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft und Sozialstaatssekretär in Berlin, sagte dem "Tagesspiegel": "Deutschland hat eine Geschichte, die zu einem klaren Antifaschismus verpflichtet. Noch ist es nicht zu spät." Die Verfassung sehe deshalb Parteiverbote explizit vor.
Der Zeitung zufolge hat die Arbeitsgemeinschaft am Freitag einen Antrag an den SPD-Parteivorstand eingereicht, wonach sich die SPD in der Bundesregierung für ein Verbot einsetzen soll. Das Papier liegt der Zeitung vor. "Die halbherzige Diskussion um ein Verbot der AfD wirkt als Brandbeschleuniger", heißt es darin.
Hintergrund der neu aufgeflammten Verbotsdebatte ist ein Treffen rechter Aktivisten und Extremisten in November, über das das Medienhaus Correctiv berichtet hatte. Zu den Teilnehmern zählten AfD-Politiker und mindestens ein CDU-Mitglied sowie Mitglieder der erzkonservativen Werteunion, die nicht zur CDU gehört, sich dieser aber lange verbunden fühlte. Redner war bei dem Treffen der frühere Kopf der rechtsextremistischen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner. Er sprach nach eigenen Angaben darüber, wie erreicht werden könnte, dass mehr Ausländer und Deutsche mit Migrationshintergrund Deutschland verlassen und wie Menschen mit Einwanderungsgeschichte zur Assimilation gedrängt werden könnten.