Luxemburg prüft Spielervermittler-Regularien: Nicht jeder Schritt ist ein Fortschritt
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Die Fußballverbände DFB und FIFA müssen vor dem EuGH ihre Regularien für Spielervermittler verteidigen und bekommen dabei unerwartet, aber vermutlich nur vorübergehend Rückenwind durch die Schlussanträge des Generalanwalts. Das sind Nebelkerzen, die nicht hätten sein müssen, meint Mark-E. Orth.

EuGH-Generalanwalt Nicholas Emiliou hat am vergangenen Donnerstag in zwei Sportverfahren seine Schlussanträge verkündet (C-209/23 u.a.). Seine Ausführungen versprechen aber keine Rechtsklarheit, sondern vernebeln eine rechtliche Bewertung, die vor allem dank einer Entscheidung des LG Dortmund aus dem Jahre 2023 eigentlich bereits hinreichend klar war.

In beiden Verfahren geht es um die Anwendbarkeit des "Meca-Medina-Test" bei der Anwendung eines Kartellverbots. Die vorlegenden Gerichte wollen vom EuGH wissen, ob und inwiefern dieser bei Wettbewerbsregeln eines Fußballverbandes für Spielervermittlerinnen und -vermittler Anwendung findet. Diese unterstützen Spielerinnen und Spieler meist bei der Karriereplanung, bei finanziellen Angelegenheiten und vermitteln sie an Fußballclubs, wofür sie nach unterschiedlichen Modellen vergütet werden. Die Fußballverbände haben immer wieder versucht, die Tätigkeit der Vermittlerinnen und Vermittler zu regulieren. 

Nach dem "Meca-Medina-Test" des EuGH muss bei der Überprüfung wettbewerbsbeschränkender Regeln stets der Gesamtzusammenhang der Regelungen und deren Zielsetzung gewürdigt werden, außerdem, ob die damit verbundenen Wettbewerbsbeschränkungen hiermit notwendig einhergehen und ob diese im Hinblick auf die Ziele verhältnismäßig sind. Im Super-League-Verfahren hatte der EuGH aber sehr deutlich gemacht, dass bei einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung der "Meca-Medina-Test" keine Anwendung findet. Bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen sind solche, bei denen sich die Wettbewerbsbeschränkung bereits hinreichend deutlich aus dem Inhalt des Vertrags ergibt, ohne dass man große weitere Nachforschungen anstellen muss.

FIFA- und DFB-Regeln auf dem Prüfstand

Vor dem LG Mainz, bei dem eines der Verfahren seinen Ausgang nahm, streitet sich im Wesentlichen ein Spielervermittler mit dem Weltfußballverband FIFA über die Wirksamkeit der neuen FIFA-Regulierung für seinen Berufsstand. Das LG hatte bereits vor der ersten mündlichen Verhandlung dem EuGH die eingereichten Feststellungsanträge praktisch weitergeleitet, ohne sich zuvor selbst mit dem Thema zu beschäftigen und die maßgeblichen kartellrechtlichen Fragen, die möglicherweise noch nicht vom EuGH beantwortet sind, herauszuarbeiten. 

Parallel dazu hat der BGH im Rahmen der kartellrechtlichen Überprüfung des inzwischen ausgelaufenen DFB-Spielervermittlerstatuts dem EuGH zwei eher grundlegende Fragen vorgelegt. Der BGH hatte sich in dem Verfahren, das ähnlich gelagert ist wie das vor dem LG Mainz, zuvor sehr genau mit den einzelnen kartellrechtlichen Problemen, die sich aus den Regelungen des Statuts ergaben, auseinandergesetzt. Nachdem die Karlsruher Richterinnen und Richter in der mündlichen Verhandlung sehr detailliert und kenntnisreich die kartellrechtlichen Vorschriften auf das Reglement angewendet hatten, war es mehr als erstaunlich, dass sie anschließend mit zwei doch sehr allgemeinen Fragen an den EuGH herantraten. Zumal der BGH selbst in der mündlichen Verhandlung eine Vorlage an den EuGH für wenig sinngebend betrachtete. Zumindest in dieser Einschätzung bestätigen die Schlussanträge von Generalanwalt Emiliou ihn.

LG Dortmund brauchte keine EuGH-Vorlage

Was die Vorlage in Sachen des FIFA-Reglements betrifft, ist zu berücksichtigten, dass das LG Dortmund bereits 2023 in einer weltweit viel beachteten und zitierten Entscheidung, die auch vom OLG Düsseldorf bestätigt wurde, zentrale Teile des FIFA-Spielervermittlerreglements als offensichtlich kartellrechtswidrig eingestuft hatte, ohne die Sache zuvor dem EuGH vorzulegen. Das LG hatte in dieser Entscheidung bereits die zentralen Punkte der kurz darauffolgenden EuGH-Entscheidung in Sachen Super League richtig prognostiziert.

Mit dem FIFA-Spielervermittlerreglement führt der Fußball-Weltverband nun wieder eine Lizenz für Spielervermittlerinnen und -vermittler ein und unterwirft diese zahlreichen Vorgaben. Dazu zählen eine Obergrenze für das Entgelt, die sich prozentual am Gehalt des Spielers bzw. der Spielerin orientiert, sowie ein Verbot der Dreifachvertretung (also Vertretung von Spielerin bzw. Spieler, aufgebendem und aufnehmendem Club), weitreichende Verpflichtungen zur Offenlegung von Parametern des Transfers und ein Verbot der Kontaktanbahnung zwischen Spielervermittlerinnen und -vermittlern und solchen Spielerinnen und Spielern, die sich vertraglich exklusiv die Konkurrenz gebunden haben.

Das LG Dortmund hatte die Entgeltobergrenze seinerzeit mit deutlichen Worten als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung bezeichnet, was dann eine Rechtfertigung im Hinblick auf die mit der Regel verfolgten Ziele gemäß der Meca-Medina-Rechtsprechung des EuGH ausschließt. Der EuGH stellte diese Beschränkung der Rechtfertigungsmöglichkeiten für bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen wenige Monate später in der Super-League-Entscheidung nochmal für alle klar, auch wenn sie sich bereits zuvor aus der ständigen Rechtsprechung des EuGH ergab, was aber offenbar auch der Kommission bis zu diesem Zeitpunkt nicht klar war. Das LG Dortmund hatte dies schon vorher richtig erkannt.

Nebelkerzen des Generalanwalts

Gerade an dieser Stelle wirft nun Generalanwalt Emiliou völlig unnötig Nebelkerzen, die auch in anderen Bereichen die Durchsetzung des Kartellrechts deutlich erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen. Seiner Ansicht nach handelt es sich bei diesem Preismechanismus keineswegs offensichtlich um eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung. Dann aber lässt sich die Regel auch mit allerlei wohlmeinender Zwecksetzung seitens der FIFA rechtfertigen. Letztlich aber bleibt es die Aufgabe des LG Mainz, zu klären, ob hier eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung vorliegt. Dabei hat sich Generalanwalt Emiliou noch nicht einmal die Mühe gemacht, sich mit der Entscheidung des LG Dortmund auseinanderzusetzen, geschweige denn, sie zu zitieren.

Natürlich ist er an die Entscheidung des LG nicht gebunden, aber wie der EuGH in der Rechtssache C-64/16 bereits ausgeführt hat, überträgt Art. 19 AEUV die Aufgabe, die Rechtsordnung der Union in der gerichtlichen Kontrolle zu gewährleisten, nicht nur dem Gerichtshof, sondern auch den nationalen Gerichten, die im Übrigen in der täglichen Arbeit wohl die meiste Last in der Anwendung des Gemeinschaftsrechts tragen. 

Was der Generalanwalt hier nicht gemacht hat, kann der EuGH unschwer nachholen. Neben der Entscheidung des LG Dortmund in Sachen FIFA-Spielervermittlerstatut ist auch die Entscheidung eines spanischen Gerichts in gleicher Sache zu berücksichtigen.

Im Übrigen lehrt gerade das EuGH-Verfahren in Sachen Super League, dass der Gerichtshof keineswegs immer den Schlussanträgen folgt. Gerade hier hatte der EuGH sehr klare Worte gegenüber wettbewerbsbeschränkenden Regeln von UEFA und FIFA gefunden, nachdem der Generalanwalt zuvor noch in eine andere Richtung marschiert war. Genau diese klare Sprache, die der EuGH damals gegenüber den Fußballverbänden gewählt hat, versucht Generalanwalt Emiliou in dieser Sache aufzuweichen, indem er wiederholt von einem Spielraum für Sportverbände spricht, was bisher in der Rechtsprechung des EuGH nicht aufgetaucht ist.

Während Emiliou im Hinblick auf die Entgeltbeschränkung sehr nachsichtig ist, ist er überraschenderweise beim Verbot der Kontaktanbahnung sehr eindeutig. Hier sieht er eine Wettbewerbsbeschränkung, die nicht zu rechtfertigen wäre.

Hoffnung auf den EuGH

Die Relativierungen, die Emiliou im Hinblick auf in der Vergangenheit als klar wettbewerbsbeschränkend eingestufte Regelungen vornimmt, sind nicht nur für den Sportbereich gefährlich, sondern auch für das weite Feld der Kartellrechtsanwendung gegenüber den digitalen Giganten wie Google oder Facebook. Wenn er etwa meint, dass ein "Mechanismus" wie bei der dynamischen Höchstpreisgrenze des FIFA-Spielervermittlerreglements keine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung sei, auch wenn sie von einem Monopolisten gemeinsam für und mit sämtlichen Clubs festgesetzt wird, dann wird sich die Kommission in Zukunft schwer tun, Preisalgorithmen mit dem Kartellrecht zu erfassen.

Im Vertrauen auf den EuGH, das sich aus der bisherigen Rechtsprechung gerade gegenüber Sportverbänden speist, ist entgegen den Schlussanträgen davon auszugehen, dass die Luxemburger Richterinnen und Richter im Urteil deutliche und klare Worte zu den offensichtlichen Wettbewerbsbeschränkungen durch das FIFA-Spielervermittlerreglement finden werden.

Das LG Mainz kann sich von einer Mitschuld für diese vernebelnden Schlussanträge des GA Emiliou nicht ganz freizeichnen, weil es die Sache in einem sehr frühzeitigen Stadium des Verfahrens dem EuGH vorgelegt hat. Im Vorabentscheidungsverfahren verfügt der EuGH über keinerlei eigene Factfinding-Kompetenzen, die es ihm ermöglichen würden, die Auswirkungen der Regelungen zu erforschen. Er ist hier ganz auf das vorlegende LG angewiesen, welches aber selbst noch keine Auswirkungen erforscht hat, weil es vor der ersten mündlichen Verhandlung vorgelegt hat.

Umgekehrt sollte sich der BGH überlegen, wieso man dem EuGH vorlegt, wenn man selbst sehr genau und kenntnisreich die Rechtslage erforscht hat, die zudem durch die Rechtsprechung des EuGH hinreichend klar ist. Liegt es vielleicht daran, dass man sich nicht traut, die Verantwortung für den Ausspruch der Kartellrechtswidrigkeit eines DFB-Regelwerks selbst zu übernehmen?

Mark-E. Orth ist Rechtsanwalt und Gründer der Kanzlei MEO* in München. Er vertritt u.a. internationale Sportverbände, Bundesliga-Fußballclubs wie auch Einzelsportlerinnen und -sportler.

EuGH, Schlussanträge vom 15.05.2025 - C-209/23

Gastbeitrag von Mark-E. Orth, 19. Mai 2025.

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