Polens Justizreform: EU-Kommission durfte Zwangsgelder einziehen
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Die umstrittene Justizreform von 2019 und die Weigerung Polens, bestimmte beanstandete Bestimmungen vorerst auszusetzen, kommen den Mitgliedstaat teuer zu stehen. Das EuG bestätigte, dass Polen das im Vertragsverletzungsverfahren verhängte Zwangsgeld – insgesamt über 320 Millionen Euro – zahlen muss.

Die Kommission habe das Zwangsgeld für den Zeitraum vom 15. Juli 2022 bis zum 4. Juni 2023 rechtmäßig vollstreckt.

Im Dezember 2019 verabschiedete die polnische Regierung Gesetzesänderungen zur Justizorganisation. Diese brachte die EU-Kommission am 1. April 2021 im Wege einer Vertragsverletzungsklage vor den EuGH. Der EuGH entschied am 5. Juni 2023, dass die Justizreform gegen EU-Recht verstößt.

In diesem Zusammenhang war Polen bereits am 14. Juli 2021 verpflichtet worden, die beanstandeten Bestimmungen auszusetzen. Da dies nicht geschah, verurteilte der EuGH das Land am 27. Oktober 2021 zur Zahlung eines täglichen Zwangsgelds von einer Million Euro an die Kommission.

Am 9. Juni 2022 verabschiedete Polen ein Gesetz zur Umsetzung der einstweiligen Maßnahmen, das am 15. Juli 2022 in Kraft trat. Am 21. April 2023 entschied der EuGH, dass diese Änderungen die einstweiligen Maßnahmen teilweise erfüllten, und senkte das tägliche Zwangsgeld ab diesem Datum auf 500.000 Euro.

Polen wendet sich gegen Einziehung der Zwangsgelder

Da Polen die täglichen Zwangsgelder nicht zahlte, zog die Kommission sie regelmäßig im Wege der Verrechnung mit verschiedenen Forderungen des Mitgliedstaats gegenüber der Union ein.

Mit einer Klage vor dem EuG wollte Polen feststellen lassen, dass sechs Verrechnungsbeschlüsse zwischen dem 15. Juli 2022 und dem 4. Juni 2023 (dem Tag vor der Verkündung des EuGH-Urteils) nichtig seien. Hilfsweise argumentierte Polen, dass die Gesetzesänderung bereits am 15. Juli 2022 in Kraft trat und daher ab diesem Zeitpunkt nur noch 500.000 Euro pro Tag hätten eingezogen werden dürfen.

EuG weist Klage vollumfänglich ab

Das EuG widersprach dieser Argumentation (Urteile vom 05.02.2025 – T-830/22T-156/23 und T-1033/23). Die Kommission habe die Beträge einziehen dürfen. Zwar habe der polnische Verfassungsgerichtshof entschieden, dass die Verhängung des täglichen Zwangsgelds gegen die polnische Verfassungsordnung verstoße. Das ändere aber ebenso wenig am Bestehen der Schuld selbst wie das Inkrafttreten des Gesetzes vom 9. Juni 2022. Die Verrechnungsbeschlüsse seien also dennoch rechtmäßig.

Die Herabsetzung des Zwangsgelds habe ausschließlich für die Zukunft gegolten, so das EuG zum Hilfsantrag. Eine rückwirkende Anpassung hätte die Verbindlichkeit des ursprünglichen Beschlusses (vom 27.10.2021) untergraben.

(Hinweis der Redaktion: Überschrift geändert am Tag der Veröffentlichung, 14:11 Uhr, bw)

EuG, Urteil vom 05.02.2025 - T-830/22

Redaktion beck-aktuell, zav, 5. Februar 2025.