Polens Parlament beschließt Abschaffung der Disziplinarkammer

Polens Parlament hat einem Gesetzentwurf zur Abschaffung der umstrittenen Disziplinarkammer zugestimmt. Die Auflösung der Kammer zählte zu den Bedingungen, von denen die EU-Kommission ihre Freigabe des polnischen Corona-Aufbauplans abhängig gemacht hatte. Vor allem aus dem Europaparlament gab es heftige Kritik an der Entscheidung, den Aufbauplan zu billigen, da die festgelegten Etappenziele nicht ausreichend seien. Polen kann nun auf mehr als 35 Milliarden Euro hoffen.

Neue "Kammer für berufliche Verantwortung"

Die Novelle geht auf einen von Präsident Andrzej Duda im Februar eingebrachten Entwurf zurück. Sie sieht die Auflösung der Disziplinarkammer am Obersten Gerichtshof vor, die alle Richterinnen und Richter bestrafen und entlassen kann. Die dort gegenwärtig tätigen Richterinnen und Richter können in eine andere Kammer wechseln oder in den Ruhestand gehen. Anstelle der umstrittenen Disziplinarkammer soll eine neue "Kammer für berufliche Verantwortung" eingerichtet werden. Das Gesetz muss noch von Duda unterzeichnet werden.

Polen kann auf mehr als 35 Milliarden Euro hoffen

Die EU-Kommission hatte sich Anfang Juni nach langem Streit mit der polnischen Regierung auf einen Plan für die Auszahlung der Corona-Hilfen geeinigt. Das Land kann nun auf mehr als 35 Milliarden Euro hoffen. Die Genehmigung des polnischen Plans war immer wieder verschoben worden, weil von der Leyen eklatante Mängel im polnischen Rechtsstaat monierte, und zunächst Reformen forderte. Vor allem aus dem Europaparlament gab es heftige Kritik an der Entscheidung der EU-Kommission, den Aufbauplan zu billigen.

Festgelegte Etappenziele aus Sicht des Parlaments nicht ausreichend

Nun stimmte schließlich eine große Mehrheit der Europaabgeordneten in Straßburg für eine Resolution, in der die Entscheidung der EU-Kommission scharf kritisiert wird. Die Parlamentarier verweisen auf anhaltende Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit in Polen und betonen, dass die Einhaltung von EU-Werten eine Vorbedingung für den Zugang zu dem Corona-Fonds sein müsse. Polen müsse alle einschlägigen Urteile des Europäischen Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umsetzen, bevor der nationale Aufbauplan durch die EU-Staaten genehmigt werden könne. Die in dem Plan festgelegten Etappenziele sind aus Sicht des Parlaments nicht ausreichend.

Miriam Montag, 10. Juni 2022 (dpa).