EU-Staatsanwaltschaft: Zahl der Ermittlungsverfahren verdoppelt

Die Europäische Staatsanwaltschaft, die Straftaten gegen den EU-Haushalt verfolgt, rechnet für 2023 mit einer Verdoppelung der Ermittlungsverfahren. Ein Grund dafür sei die zunehmende Bekanntheit der noch jungen Behörde, die grenzüberschreitend in 22 EU-Staaten tätig ist.

Die Anzahl der Strafanzeigen, die die EU-Staatsanwaltschaft (EUStA) von den nationalen Behörden bekomme, sei um 50 bis 60% gestiegen, sagte der stellvertretende Europäische Generalstaatsanwalt Andrés Ritter am Donnerstag in Berlin. 2022 lagen der europäischen Behörde nach eigenen Angaben 3.318 Strafanzeigen vor, 1.117 Ermittlungsverfahren wurden geführt. Laut Ritter hat die im Juni 2021 gestartete Behörde bislang 87 Anklagen erhoben, von denen 20 zu rechtskräftigen Verurteilungen führten (Stand: 31.12.2022).

Im Fokus der unabhängigen und dezentralen EU-Staatsanwaltschaft stehen zum einen Kriminalität, mit der zu Unrecht Subventionen oder Aufträge der EU erlangt wird und zum anderen Zolldelikte und Umsatzsteuerbetrugssysteme. Durch Korruption und Subventionsbetrug verliert die EU jährlich geschätzt 500 Millionen Euro Haushaltsmittel.

Anliegen sei, "das Geld der EU zu schützen", erläuterte Ritter, der Europäischer Staatsanwalt für Deutschland ist. Er ist organisatorisch für die sogenannten Delegierten Europäischen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in Deutschland zuständig. Diese ermitteln direkt von Berlin, Hamburg, Köln, Frankfurt und München aus. Derzeit sind in den sogenannten Zentren 11 Juristinnen und Juristen tätig, ihre Anzahl soll sich auf 21 erhöhen. Die Zentrale der EU-Staatsanwaltschaft ist in Luxemburg. 

Das Besondere an der neuen Behörde ist vor allem, dass sie grenzschreitend tätig werden kann. Es sind keine umständlichen und zeitaufwendigen Rechtshilfeersuchen in den jeweiligen Ländern nötig. Vielmehr sind die europäischen Mitarbeiter vor Ort und koordinieren Maßnahmen wie etwa Durchsuchungen, bei denen dann nationale Behörden wie die Polizei oder Zollfahnder im Einsatz sind. 

In Berlin läuft seit Ende September ein Prozess gegen eine mutmaßliche Bande, die ein Netzwerk von Scheinfirmen aufgebaut und im Handel mit Luxuskarossen sowie medizinischen Masken rund 80 Millionen Euro Umsatzsteuer hinterzogen haben soll.

Redaktion beck-aktuell, hs, 8. Dezember 2023 (dpa).